Station 4: Chinatown:In dem unüberschaubaren Viertel geht jeder Chinese seinen eigenen Geschäften nach

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Susanne L. Born

Die meisten der 60.000 heute in London ansässigen Chinesen leben verteilt über die ganze Stadt. Isoliert voneinander gehen sie ihren Geschäften nach - meistens dem "Catering Business": Das bei den Briten so beliebte chinesische Essen wird in einem kleinen Ladenlokal zubereitet und dort von den Kunden abgeholt oder mit einem Motorroller ausgeliefert.

Beliebt in China Town: kitschige Tracht (Foto: Foto: Shura Kraëff)

Nur bei besonderen Anlässen wie Geburtstagen, dem Chinesischen Neujahrsfest und Hochzeiten kommen die Chinesen zusammen. Ihr Treffpunkt ist Chinatown, ein überschaubares Viertel am Leicester Square, das langsam in den Zustand der Verwahrlosung zu driften scheint. Da können auch die orientalisch verkitschten Torbögen und die Telefonzellen im Pagodenstil nicht viel retten. Chinatown wird fast erdrückt von der Anzahl seiner Restaurants.

Manche bieten Dim Sum, kantonesische Canapées, auf Servierwagen von Tisch zu Tisch gerollt - und wegen der Arbeitsintensität bei der chinesischen Hausfrau vorzugsweise außer Haus beliebt. Dazu bieten die Lokale allerlei regionale Spezialitäten: von Szechuan bis Peking, von Kanton zur Mongolei, von Hunan nach Shanghai. Wer nach einem Qualitätskriterium bei der Auswahl eines Lokals sucht, sollte darauf achten, dass hauptsächlich Chinesen dort einkehren. Wie bei "Jen", einem Teesalon in der Gerrard Street, wo heißer Jasmintee und leckere Suppen geschlürft werden.

Behandlung mit Tigerpenis und Antilopenhorn

In den Gesundheitszentren "San Ling" verspricht die traditionelle chinesische Medizin bei Asthma, Impotenz, Erkältung und vielen Arten von Hautkrankheiten Abhilfe. Die Ärzte, so bezeugen jedenfalls die an den Wänden hängenden Diplome, haben neben der chinesischen auch eine klinische Ausbildung in Europa absolviert. Die Behandlung bei Dr. Teresa Cheung beginnt mit einem unkonventionellen Fragenkatalog (Wie häufig fahren Sie Auto? Verdienen Sie gut?), und widmet sich dann einer intensiven Inspektion des Körpers. Die Diagnose: Ein Tee wird verschrieben, der aus allerlei merkwürdigen Zutaten besteht. Getrockneter Tigerpenis und gemahlenes Antilopenhorn sind auch dabei...

In den Eingangsbereichen der vom Zerfall bedrohten Häuser weisen Pappschilder auf "Model Debbi, sehr hübsch und gross" und "Model Paula, sexy und langbeinig" hin. Die alten Chinesinnen in schwarzen Seidenhosen scheinen diese Art der Geschäftigkeit nicht zu beachten. Lebhaft schwatzend machen sie sich mit Trippelschritten zur "Far East Chinese Bakery" auf, um dort gefüllte Sesambällchen zu essen.

Underground: Leicester Square Tube Jen, Hong Kong Cuisine, 7 Gerrard Street, tgl. 11 bis 22 Uhr. Far East Chinese Bakery, 13a Gerrad Street, tgl. 9 bis 20 Uhr. San Ling Medicine Center, 7 Little Newport Street (Chinatown) oder 97b Golders Green Road (Golders Green), Tel. 020/8731-8687. Mo bis Sa 9 bis 22, So 10 bis 17 Uhr. Die Behandlung kostet 15 Pfund.

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