Sommersmog:Weniger "Stinker" auf den Straßen

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Zehn Jahre nach dem ersten Ozonalarm in Deutschland hat Umweltminister Jürgen Trittin die Rückkehr zu Fahrverboten bei Sommersmog ausgeschlossen.

Solche Maßnahmen wären heute nur "große Schauveranstaltungen", sagte Trittin. Die Situation habe sich völlig verändert. Tatsächlich kommt es nach Angaben des Umweltbundesamts seltener zu Sommersmog, weil die Luftbelastung deutlich abgenommen hat. Für Entwarnung sei allerdings kein Anlass, sagte Experte Wolf-Dieter Garber.

Am 26. Juli 1994 hatte Hessen erstmals wegen hoher Ozonwerte ein Fahrverbot für Wagen mit hohem Schadstoffausstoß erlassen. Ein Jahr später trat das Ozongesetz in Kraft. Auf dessen Grundlage gab es 1998 weitere Fahrverbote für "Stinker".

Ziel war, den Ausstoß der Vorläufersubstanzen zu senken, aus denen unter Sonneneinstrahlung Ozon entsteht. Ozon reizt die Atemwege und belastet vor allem Kranke, Kinder und alte Menschen. Das Ozongesetz lief allerdings 1999 aus, ohne dass die Bundesregierung eine Nachfolgeregelung traf. 2001 wurde ein Sofortprogramm gegen Sommersmog aufgelegt, dass langfristig wirken sollte.

Trittin sagte, es sei besser, die Ursachen der Umweltbelastung zu bekämpfen. Beim In-Kraft-Treten des Ozongesetz habe es noch 19 Millionen sehr schmutzige Benzinmotoren und zwei Millionen sehr schmutzige Dieselmotoren gegeben. Deren Zahl habe sich inzwischen drastisch reduziert.

Insgesamt sei der Ausstoß der Vorläufersubstanzen Stickoxid und flüchtige Kohlenwasserstoffe (VOC) - zum Beispiel aus Lösemitteln - drastisch reduziert worden.

Mit nationalen Maßnahmen kommt man nicht weit

Im Übrigen habe sich gezeigt, dass man mit nationalen Maßnahmen kaum weiter komme. Zwei Drittel der Vorläufersubstanzen von Ozon stammten nicht aus Deutschland. Umso wichtiger seien die neue Lkw-Standards ab 2006/2007, die den Stickoxidausstoß europaweit reduzieren sollen.

Tatsächlich wird der Grenzwert von 240 Mikrogramm Ozon je Kubikmeter Luft heute seltener überschritten als 1990, wie UBA-Experte Garber, Fachgebietsleiter für Luftreinhaltung, sagte.

"Wir sind einen guten Schritt weiter gekommen." In einem heißen Sommer wie 2003 werden die kritischen Werte aber nach wie vor erreicht. So hätte es vergangenes Jahr in mehreren Fällen Fahrverbote gegeben, wenn das Ozongesetz noch gegolten hätte.

Dennoch hält auch das Umweltbundesamt die Strategie, langfristig den Schadstoffausstoß zu senken und damit dem Ozon die Grundlage zu entziehen, für sinnvoll. Fahrverbote würden heute weniger nützen als Mitte der 90er Jahre, weil es weniger "Stinker" - also zum Beispiel Autos ohne Katalysator - gebe, sagte Garber. Grundsätzlich handele es sich um ein überregionales Problem, das international angegangen werden müsse, sagte Garber.

"Ozonticket"

Seit 2003 gelten nach seinen Worten Vorgaben der EU mit Obergrenzen für den Gesamtausstoß für Stickoxid und VOC, die bis 2010 eingehalten werden müssen. Und dafür muss sich Deutschland noch anstrengen, wie Garber sagte: "Da müssen wir noch etwas tun." Von heute jeweils 1,5 Millionen Tonnen Jahresausstoß der beiden Substanzen muss noch einmal je ein Drittel vermindert werden.

So ist Garber zufolge die Idee weiter auf dem Tapet, mit einem öffentlich geförderten "Ozonticket" für den öffentlichen Nahverkehr Menschen zum Umstieg zu bewegen. Nützlich im Kampf gegen den Sommersmog wäre aus Sicht des Experten zudem ein breiterer Umstieg von lösemittelhaltigen zu wasserlöslichen Lacken.

Auch "Maßnahmen im Flugverkehr" seien denkbar. "Es gibt viele kleine Schritte, die man angehen kann", sagte Garber.

Anstrengungen vermeiden

Vorerst gilt - falls es in diesem Sommer tatsächlich noch eine Hitzewelle und hohe Ozonwerte geben sollte - weiter der Rat zur Selbsthilfe.

Anfällige Menschen sollten demnach körperliche Anstrengungen draußen zur "Ozon-Spitzenzeit" zwischen 12.00 und 17.00 Uhr vermeiden. Wer zur Senkung der Werte beitragen will, sollte Auto, Motorrad oder Rasenmäher vorübergehend stehen lassen.

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