Seelöwen-Plage:"Pitbulls mit Flossen"

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Die Bewohner von Newport Beach sind sauer: Ungebetene Gäste randalieren, rülpsen und übergeben sich mitten in der Stadt. Und das Schlimmste: Sie stehen unter Artenschutz.

Diese Besucher sind in dem kalifornischen Strandort Newport Beach nicht willkommen. Sie lümmeln sich uneingeladen auf Segelbooten und Hafenpiers. Sie kämpfen lautstark um die besten Sonnenplätze. Sie rülpsen und übergeben sich. "Wir wollen sie unbedingt wieder loswerden", klagt der städtische Hafenmeister Chris Miller über die ungezogenen Eindringlinge. Randalierende Seelöwen haben sich in dem größten Sportboothafen Amerikas breit gemacht.

Seelöwen sonnen sich am Pier 39 in San Francisco. (Foto: Foto: dpa)

"Sie versenken kleine Boote, beschädigen Yachten und bellen unaufhörlich", zählt Miller auf. Das sind "Pitbulls mit Flossen", schimpft eine Boots-Zeitschrift. Die "Los Angeles Times" widmete der Horde Seelöwen die Schlagzeile "Der Angriff der speckigen Biester, Teil 2".

Abschreckung mit dem Wasserstrahl

Im letzten Sommer tauchten die bis zu 270 Kilogramm schweren Meeressäuger zum ersten Mal in dem Hafen auf. Vor wenigen Wochen kehrten rund 25 "Sommerurlauber" zurück. Kalifornische Seelöwen genießen Artenschutz und dürfen laut Gesetz nicht gewaltsam vertrieben werden. Doch kleine Tricks sind erlaubt. Miller testet jetzt ein Wasserstrahlgerät, das ein kanadischer Tüftler zur Abschreckung von Hasen, Hunde und Rehe in Gartenanlagen anpreist.

Die Seelöwenscheuche wird an Booten befestigt. Sobald sich die Sonnenanbeter aus dem Wasser an Bord wälzen, schlägt ein Bewegungssensor Alarm und mit einem gezielten Wasserstrahl werden die Eindringlinge vertrieben. "Im Prinzip klappt das", meint Miller, räumt aber ein, dass ein großer Bulle die harmlose Waffe bereits ignoriert. "Wir hoffen, dass er es seinen Artgenossen nicht weiter erzählt."

Seelöwen-Plagen entlang der kalifornischen Küste machen genervte Anwohner, Fischer und Kommunen längst erfinderisch. Sie experimentieren mit Feuerwerkskörpern, Gummikugeln, Unterwasser- Lautsprechern und Killerwal-Attrappen, auch wenn die "Belästigung und Verfolgung" der Tiere gesetzlich verboten ist.

Verantwortliche in Monterey zückten vor einigen Jahren riesige Wasserpistolen, als 1500 Seelöwen die beliebte Touristenstadt besuchten. Die Stadt San Francisco kapitulierte, als 1990 eine riesige Horde Seelöwen die Bootsstege vor Pier 39, einem beliebten Ausflugsziel in der Fisherman's Wharf, einnahmen.

Gebell und Gestank

"Wir haben schnell erkannt, dass sie Touristen anlocken und nun sind die Viecher unsere größte Attraktion", meint Pier-Managerin Alicia Vargas. Das Gebell der bis zu 900 Seelöwen in dem Hafenbecken ist schon von weitem zu hören. Man kann auch einfach dem Gestank von alten Fischresten folgen.

Davon lassen sich die täglich tausenden Besucher nicht abschrecken. "Die sind süß und quietschen so schön", begeistert sich die sechsjährige Michelle Mamat, die mit ihrer Familie aus dem oberfränkischen Forchheim in San Francisco zu Besuch ist. "Die sollte man auf keinen Fall verscheuchen", pflichtet ihre Tante bei.

"Außer den Touristen kann keiner diese Störenfriede leiden", verteidigt Miller die Anti-Seelöwen-Kampagne in Newport Beach. Seit dem Frühjahr ist es dort strikt verboten, die Tiere zu füttern oder Fischabfälle als leckere Snacks in dem Hafen zu entsorgen.

Miller führt Buch über die "Straftaten" der Plagegeister und die Versäumnisse der Bootseigner. Den Besitzern droht eine Geldstrafe, wenn ihre Boote für Seelöwen leicht zu besteigen sind. Als Barrikaden werden Netze, Kajaks und Liegestühle empfohlen, die strategisch am Bootsrand befestigt werden. "Wir müssen die Tiere davon abhalten , es sich hier bequem zu machen", sagt Miller. "Wir sind für jeden Vorschlag dankbar."

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