Reisereklamationen:Wenn der Urlaub zur Qual wird

Lesezeit: 3 min

Bei Mängeln gibt's den Reisepreis zurück - und Schmerzensgeld. Mit der Beschwerde am Urlaubsort ist es aber noch nicht getan.

Von Wolfgang Büser

Für viele Menschen ist der Urlaub die schönste Zeit des Jahres - und entsprechend groß der Ärger, wenn aus der Vorfreude vor Ort Enttäuschung wird. Im Laufe der Jahre hat eine immer selbstbewusster auftretende Riege von Reisenden für besänftigende Gerichtsurteile gesorgt. Zwar können die aufgestellten Regeln nicht auf jeden Einzelfall übertragen werden, sie bilden aber nützliche Anhaltspunkte für eigene Ansprüche. Denn: Hat eine Reise "wesentliche Mängel", so ist der Veranstalter schadensersatzpflichtig.

Die Reisenden müssen sich allerdings an Spielregeln halten, um nicht aus formalen Gründen abgewiesen zu werden. So ist es unerlässlich, Reklamationen am Ort des Geschehens vorzubringen: gegenüber der Reiseleitung. Dies ist schon deshalb angebracht, weil nur so die Chance besteht, Beanstandungen aufzugreifen und die Probleme zu lösen, etwa wenn der zugesagte Meerblick sich allenfalls mit verrenktem Hals erhaschen lässt.

Der entscheidende zweite Schritt

Es empfiehlt sich ferner, die Beanstandungen bei der Reiseleitung nicht nur vorzubringen, sondern auf Abhilfe zu dringen oder sich, falls das nicht möglich sein sollte, zumindest eine Bestätigung für den Mangel geben zu lassen. Diese Bestätigung ist spätestens bei der Rückkehr wichtig, wenn es darum geht, den Reiseveranstalter nachträglich zur Kasse zu bitten.

Denn: Der zweite Schritt muss spätestens einen Monat nach der Rückkehr folgen: Die Ansprüche müssen gegenüber dem Reiseveranstalter "geltend gemacht" werden. Das Reisebüro ist im Regelfall dabei behilflich.

Der Reiseveranstalter ist nach dem Gesetz verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, so der Wortlaut des Gesetzes. Ist die Reiseleitung einer Aufforderung, für Abhilfe zu sorgen - beispielsweise ein Hotel der gebuchten Kategorie oder die angekündigte Zimmerqualität zu beschaffen - nicht in angemessener Frist nachgekommen, so kann der Reisende sich selbst darum kümmern und den Zusatzaufwand vom Veranstalter ersetzt verlangen.

Nachbesserung oder Geld zurück

In besonders schweren Fällen, etwa einem völlig überfüllten Hotel und der Zumutung, mit vier Personen ein kleines Zimmer teilen zu müssen, kann die Reise auch vorzeitig abgebrochen werden. Auch hier ist es aber auf jeden Fall ratsam, sich die Mängel vom Reiseleiter offiziell bestätigen zu lassen. Ein Schreiben des Hotelbesitzers reicht dafür nicht aus.

Statt der Abhilfe kann der Reisende auch nachträglich eine Minderung des Reisepreises verlangen. Das heißt: Er nimmt die Unzulänglichkeiten hin (die er dennoch bei der Reiseleitung reklamieren muss), besteht aber nicht darauf, dass sie behoben werden. Nach der Rückkehr verlangt er eine Reisepreisminderung.

"Minderung" heißt Herabsetzung des Reisepreises. Da aber die Rechnung schon vorher beglichen wurde, kann der Kunde eine Rückzahlung verlangen. Dies geschieht im "zweiten Schritt" nach der Rückkehr. Im Brief an den Reiseveranstalter werden die Beanstandungen noch einmal aufgelistet.

Ersatz für vertanen Urlaub

Neben der Minderung, also dem Schadensersatz, kann der Reisende Entschädigung für "vertanen Urlaub" geltend machen, wenn das Ziel des Urlaubs (oder auch nur ein Teil dieses Ziels, etwa ein Tauchkurs, der ausgefallen ist) nicht erreicht wurde.

Das heißt: Der Urlauber kann in solchen Fällen einen Teil des Reisepreises und außerdem Geld dafür verlangen, dass er Zeit dafür aufgewandt hat, die er an sich anders nutzen wollte. Das gilt allerdings nur, wenn die Urlaubsreise insgesamt mindestens zu 50 Prozent "mangelhaft" war.

Komplizierte Berechnungen

Die Berechnung solcher Entschädigungsansprüche (oft als "Schmerzensgeld" bezeichnet) ist überaus kompliziert ist. Geprüft wird einerseits, ob beispielsweise ein Urlaub auf dem heimischen "Balkonien" nicht auch Erholungswert gehabt hätte. Andererseits können auch Nichterwerbstätige, also Schüler, Hausfrauen und Rentner, solche Ansprüche geltend machen; kleine Kinder eher nicht.

Spätestens müssen die Ansprüche sechs Monate nach der Rückkehr aus dem Urlaub per Klage vorgebracht werden, falls sich der Reiseveranstalter bis dahin noch nicht dazu hat durchringen können, den Wünschen seines Kunden nachzukommen. Wer erst nach Ablauf des halben Jahres vor Gericht zieht, dem kann "Verjährung" entgegengehalten werden.

Zur Höhe der Zahlungen haben die Gerichte die unterschiedlichsten Theorien aufgestellt, die vom Ersatz des auf die Urlaubszeit entfallenden Nettoeinkommens (bei Nichterwerbstätigen: Höhe des Reisepreises) bis zu einer Pauschale von bis zu 65 Euro pro Tag reichen. Anwälte kennen die Gepflogenheiten der jeweils zuständigen Gerichte.

Eine Orientierung hinsichtlich der Beträge, die vom Reisepreis zurückverlangt werden können, bietet die "Frankfurter Tabelle", nach der sich inzwischen viele Gerichte richten, wenn sie über Reisepreisminderungen zu entscheiden haben. Reisebüros haben die komplette Liste.

© Süddeutsche Zeitung vom 28.07.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: