Reisebücher:Die Farben der Wüste

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Michael Poliza und Roland F. Karl begeistern sich gleichermaßen für Namibia. Ihre beiden Bücher über das vielbesuchte Land im südwestlichen Afrika könnten jedoch kaum unterschiedlicher sein.

Von Stefan Fischer

Dieses Rhinozeros ist "der wahrhaftige Teufel". Die Berge des Waterberg-Plateaus wiederum sind Ungetüme, die Höhen dementsprechend schwindelerregend. Wären da nicht die unvergesslichen Ausblicke, die malerischen Bilder sowie die wohltuenden Schatten: Man würde womöglich gar nicht bemerken, in welchem Garten Eden man sich befände, der - natürlich - ein verwunschener Garten ist. In dem der Reisende, wenn er eine Bleibe sucht und Hunger hat, nicht bloß Lodges und Restaurants vorfindet, sondern "Inseln der Gastlichkeit" und "Gourmet-Tempel". Dass es in Namibia angeblich die besten Austern der Welt gibt, betont der Autor des Bandes "Sehnsucht Namibia", Roland F. Karl, gleich mehrfach. Warum dem so sein soll, ist offensichtlich schon wieder nicht so interessant.

Karl muss weiter, zur nächsten Sehenswürdigkeit, die er mit der nächsten Phrase bedenkt. Am liebsten sind ihm dabei die Orte und Dinge, die mit der deutschen Kolonialzeit zusammenhängen. Wenn man Schwarzwälderkirsch-Torte bekommt, ist man gleich noch lieber unterwegs in Namibia. Auch optisch ist der Band eher reizlos. Auf vielen Doppelseiten stehlen sich die bis zu vier Bilder gegenseitig die Schau.

Wie anders ist der deutlich hochwertigere (und damit auch deutlich teurere) Bildband "Namibia" des Fotografen Michael Poliza. Er hat seine Aufnahmen sorgsam ausgewählt, hat auf besondere Momente gewartet - und hat in Günter Kast einen Autor zur Seite, der seine Rolle nicht als Ratgeber für Touristen sieht und sich nicht mit Reiseführerprosa begnügt, sondern in präzisen Texten auch gesellschaftliche Aspekte anreißt, auf Probleme und Widersprüche hinweist und Naturschönheiten nicht nur benennt, sondern auch Erklärungen liefert für das vielerorts außergewöhnliche Landschaftsbild.

Man muss in den Band allerdings erst hineinfinden, um seine Qualitäten zu erkennen. Michael Poliza hat in der Landschaftsfotografie, speziell mit seinen diversen Afrika-Titeln, Maßstäbe gesetzt, die ihm offenkundig inzwischen selbst zur Hürde werden. Der erste Eindruck, wenn man "Namibia" durchblättert, ist: Hat man schon gesehen, vielleicht sogar besser. Je länger man sich mit dem Buch befasst, desto stärker rudert man zurück.

Was sicherlich stimmt: Wer die Afrikafotografien von Poliza kennt, den werden die Aufnahmen aus Namibia nicht überraschen. Aber eben auch nicht im negativen Sinn. Michael Poliza mag sich wiederholen, er tut das aber auf sehr hohem Niveau. Und wer mehr als einen oberflächlichen Blick auf die Fotos wirft, erkennt eben klar Polizas Bildsprache wieder, sieht aber auch, dass Namibia einen eigenen Charakter hat. Den wissen Poliza und Kast darzustellen. Die ebenso aufrichtige Begeisterung von Roland F. Karl für Namibia hingegen verpufft in einem mit Agenturfotos garnierten Blendwerk.

Roland F. Karl : Sehnsucht Namibia. Wüste, Weite, wilde Tiere. Bruckmann Verlag, München 2019. 168 Seiten, 29,99 Euro. Michael Poliza : Namibia. Verlag teNeues, Kempen 2018. 280 Seiten, 80 Euro.

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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