Ozean zum Schnäppchenpreis:Meer fürs Geld

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Früher waren Kreuzfahrten eher etwas für gutbetuchte Pensionäre. Heute boomen Angebote für das Massenpublikum, die Preise sinken.

Wolf Schmidt

Seit Jahren sind es die gleichen Meldungen mit den immer gleichen Wortspielen: "Kreuzfahrten weiter auf Erfolgskurs". Auch in diesem Jahr, 2006 buchten erstmals mehr als eine Million Deutsche eine Kreuzfahrt, wie der Deutsche Reiseverband berichtet.

(Foto: Foto: ddp)

Weltweit hat sich die Zahl der Kreuzfahrtgäste zwischen 1995 und 2005 verdoppelt.

Die Reedereien lassen dutzendweise neue Schiffe vom Stapel. Der amerikanische Branchenriese Royal Caribbean hat kürzlich den 339 Meter langen Megadampfer Liberty of the Seas eingeweiht und plant für 2008 ein weiteres Schiff der Baureihe. 2009 soll dann die Genesis vom Stapel laufen.

Es wird das größte Kreuzfahrtschiff der Welt sein, eine schwimmende Stadt mit Platz für 5400 Passagiere. Der Konkurrent Carnival kontert und schickt in den kommenden Jahren ebenfalls drei neue Riesenschiffe ins Rennen.

Und auch der deutsche Marktführer Aida plant bis 2010 drei weitere Schiffe für je 2000 Passagiere.

Es wird enger auf den Weltmeeren. Profitieren könnten davon die Kunden. Experten sagen voraus, dass Kreuzfahrten noch günstiger werden. "Das Überangebot wird zu einem Preisverfall führen", sagt Ursula Frietzsche, Tourismusprofessorin an der FH Worms. Heute schon werden manche Reisen zu Schnäppchenpreisen angeboten.

So wirbt Carnival mit einer achttägigen Karibik-Kreuzfahrt für 659 Euro. Bei Royal Caribbean kann man ab 552 Euro elf Tage die Kanaren bereisen. Selbst Aldi verkauft mittlerweile Mittelmeer-Kreuzfahrten für 599 Euro. Doch auch wenn bei diesen Angeboten "all inclusive" draufsteht, kassieren die Kreuzfahrtunternehmen an Bord noch zusätzlich ab, für alkoholische Getränke, Wellness-Behandlungen oder die Bedienung.

Zumal die Kampfpreise eine Kehrseite haben: Um Kosten zu sparen, fahren viele Schiffe unter der Flagge von Ländern wie Liberia, Panama oder den Bahamas. Das spart Steuern und ermöglicht den Kreuzfahrtbetreibern, Löhne weit unter Tarif zu bezahlen.

"Das ist in der Branche gang und gäbe", sagt Barbara Ruthmann, die bei der Gewerkschaft Verdi eine Kampagne gegen Billigflaggen koordiniert. So erhalte das Servicepersonal auf einigen Kreuzfahrtschiffen nur 200 bis 400 Euro im Monat, schätzt Ruthmann.

Mit den sinkenden Preisen ändert sich auch das Publikum. "Vor 15 Jahren waren Kreuzfahrten nur etwas für gutbetuchte Pensionäre", sagt Tourismusexpertin Frietzsche. "Die heutigen Angebote zielen auf ein Massenpublikum." Spaßdampfer statt Luxusliner: Anstelle von Dresscode und Captain's Dinner verlangt der Tourist heute Fun-Bäder, Themen-Diskotheken und Fitnessstudios.

Im Schnitt sind Kreuzfahrten aber nach wie vor teurer als andere Urlaubsreisen. Der durchschnittliche Preis liegt laut Deutschem Reiseverband bei rund 1930 Euro. Auf Luxuslinern wie der MS Europa kostet eine 15-Tage-Tour durch das südchinesische Meer zwischen 6980 und 15.160 Euro. Dafür singen dann an Bord manchmal Stars wie Udo Lindenberg oder Anna Netrebko.

Am anderen Ende der Skala, dem Billigkreuzfahrt-Markt, ist der einzige Anbieter bisher Easycruise. Für 2008 plant auch Easycruise, ein neues Kreuzfahrtschiff einzuweihen, das 500 Passagieren Platz bieten soll. "Wir hoffen, damit in die Gewinnzone zu kommen", sagt Firmenchef Stelios Haji-Ioannou. Bis jetzt schreibt das Unternehmen Easycruise noch rote Zahlen.

© SZ vom 11.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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