Nachgefragt:Zum Urlaub nach Afghanistan?

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Das Auswärtige Amt hält seit Jahren seine Reisewarnung für Afghanistan aufrecht, auch deshalb, weil dort noch immer Menschen entführt werden. Dennoch gibt es Leute, die ihren Urlaub zwischen ausgebrannten Panzern vor Kabul und dem Khyber-Pass am Hindukusch verbringen. Ein Gespräch mit Wahid Jamshady, dem einzigen Tour-Unternehmer im Land.

Arnd Wesemann

SZ: Welche Leute machen hier Urlaub?

Reiseunternehmer in Afghanistan: Wahid Jamshady (Foto: Foto: privat)

Wahid Jamshady: Die einen haben in Afghanistan für eine Hilfsorganisation oder bei einer Botschaft gearbeitet, meist in geschützten Teams. Vom Land haben sie oft nichts gesehen. Das wollen sie nachholen. Die andere Gruppe war in den siebziger Jahren hier, bevor die Russen 1979 einmarschierten. Jetzt wollen sie sehen, wie sich das Land verändert hat. Die meisten kennen Afghanistan also bereits und wissen, worauf sie sich einlassen.

SZ: Beruhigt Sie das?

Wahid Jamshady: Ich war TV-Journalist, bei SkyNews und der BBC hier in Kabul. Ich weiß, wovon ich spreche: von dreißig Jahren Krieg und einem Journalismus, dessen Bild von Afghanistan gut gefestigt ist: Taliban, Entführungen, Bomben. Nur das interessiert die Welt. Aber Afghanistan ist meine Heimat, und ich will etwas für das Land tun. Es ist immerhin das schönste Land der Welt.

SZ: Und das ärmste.

Wahid Jamshady: Politische und wirtschaftliche Verhältnisse zwingen dazu, als Ausländer eine gewisse Vorsicht walten zu lassen. Das gilt auch für mich und meine Firma Afghan Logistics & Tours. Keiner von uns ist lebensmüde. Wir glauben aber, dass Tourismus eine Möglichkeit ist, das Land zu stabilisieren.

SZ: Ganz ehrlich: Wie viele Touristen fahren Sie pro Jahr durchs Land?

Wahid Jamshady: 2004 und 2005 waren es etwas weniger als hundert. Meist Gruppen, aber das ging 2006 wegen der Entführungen deutlich zurück. Im Moment sind es eher Einzelreisende. Sie erhalten einen Fahrer, einen Wachmann, und die Route wird sehr genau ausgearbeitet. Wenn es in einer Region Probleme gibt, dann wird sie gemieden. Der Süden ist deshalb tabu.

SZ: Sie leben ja nicht von Touristen, sondern vom Chauffeurdienst für ausländische Hilfsorganisationen. Stammt von dort auch Ihre Klientel?

Wahid Jamshady: Zum Teil. Angefangen habe ich mit Importwagen. Es gab Ausländer, die ein Auto kaufen wollten, um auf eigene Faust durch Afghanistan zu fahren. Nun kommen auch junge Leute.

SZ: Abenteurer?

Wahid Jamshady: Ich hoffe nicht. Die Jüngeren locken eher andere Nachrichten. Tony Wheeler, der Gründer von Lonely Planet, war hier, um sein Buch "Bad Lands" über den Tourismus auf der Achse des Bösen zu schreiben. Das hat international enorm eingeschlagen. Matthew Leeming hat mit uns den ersten Reiseführer Afghanistans nach dem Krieg geschrieben. Dieses Fachwissen ist, was hier wirklich zählt.

SZ: Raten Sie auch mal ab, wenn ein Tourist mit einem Ihrer Allradfahrzeuge durch Afghanistan will?

Wahid Jamshady: Afghanistan ist nicht sicher, aber auch nicht riskant. Zumindest so lange nicht, wie man sich dem Urteil afghanischer Tourleiter, Fahrer und Bodyguards bedingungslos anschließt. Die wollen schließlich selber überleben.

© SZ vom 20.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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