Mexiko-Stadt:Station3: Orte der Poesie

Wer viel denkt, trinkt meist auch viel. Poeten trifft man in der Cantina Arm in Arm mit Säufern und anderen Philosophen. Ob die vielen Schriftsteller, die in mexikanischen Cantinas zu treffen sind, auch wirklich schreiben, bleibt offen. Was sie in der Cantina tun, ist klar: Stoff sammeln für den nächsten großen Roman. Große Charaktere offenbaren sich beim Bier besser.

Siesta (Foto: Foto: Barbara Liepert)

Dann fallen ihnen literarischen Sätze ein wie: "Cantinas sind wie Geliebte". Solange die Beziehung existiert, schwört der Mann ewige Treue. Endet sie, kehrt der Mann nicht zurück an diesen Ort der Erinnerungen, geheiligten Geschichten und nicht zu verwirklichenden Träume. Er wird sich in eine andere Cantina zurückziehen, sie wieder spüren und wieder schwören." Der Autor Marcial Fernández hat sich das in einer Cantina überlegt.

Wenn er nicht gerade Bücher über den Stierkampf schreibt, fühlt er sich dem Journalismus und dem Schutz der Cantina verpflichtet: Als in La Providencia, an der Avenida La Paz und Revolución, zärtlich Provi genannt, im Juli die schweren Rolläden zum letzten Mal nach fast 50 Jahren hochgezogen wurden, schrieb er seiner Provi eine Ode zum Abschied. Sie klang ein bisschen wütend, wie das eben so ist, wenn einem die Geliebte geklaut wird.

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