Kommentar:Kurz und billig kann teuer werden

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Für 30 Euro auf die Balearen? Solche Schnäppchen sind nie ökologisch. Wir müssen umdenken.

Von Stefan Fischer

Island fürchtet Einbußen im Tourismus. Denn beinahe jeder dritte Urlauber ist zuletzt mit Wow Air auf die Insel im Nordatlantik geflogen. Doch die Billig-Fluglinie ist nun in Konkurs gegangen. Und so schnell wird keine andere Fluggesellschaft diese Lücke schließen können.

Aber ist das nicht eine gute Nachricht? Auch Island hatte zuletzt darüber geklagt, regelrecht überrannt zu werden von Touristen. Also sind Anstrengungen unternommen worden, den Gästen auch die Wintersaison schmackhaft zu machen sowie Regionen des Landes, die bislang kaum bereist werden. Denn kein Reiseziel möchte auf Urlauber verzichten, auch wenn ihre Zahl überhand nimmt.

Umlenkung ist deshalb das neue Zauberwort. Amsterdam ist sehr erfolgreich damit, Touristenströme auf unterschiedliche Stadtviertel zu verteilen. Barcelona tut sich aktuell damit noch schwerer. Dubrovnik und Venedig wiederum haben städtebaulich kaum Möglichkeiten, Reisenden Alternativen anzubieten zu den Hauptattraktionen. Unterdessen geht die Überlegung viel zu selten dahin, dass mitunter auch weniger Urlauber ein Gewinn sein können.

Für den sozialen Frieden in viel bereisten Städten und Regionen ohnehin. Aber sogar auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Dass der Tourismus Geld bringt und somit Arbeitsplätze sichert und Wohlstand, wird jedenfalls ab einem gewissen Punkt zum Totschlagargument. Wenn etwa die Einkommen der Einheimischen nicht in dem Maß steigen wie ihre Lebenshaltungskosten, indem der Tourismus die Preise verdirbt. Und wer verdient eigentlich noch etwas, wenn die Reise nach Mallorca gar kein Urlaub mehr ist, sondern ein Partywochenende in der Disco? Für das man kein Hotel bucht, weil man ohnehin nicht schläft oder wenn, dann ein paar Stunden am Strand?

Solche Entwicklungen verhindern, was Tourismus im Idealfall leistet: dass Menschen andere Kulturen kennenlernen. Billigangebote verleiten zu dem Irrglauben, dass sich mehrmals im Jahr kürzeste Trips rechnen. Und besonders fatal ist, dass die, die das ermöglichen, nicht einmal davon profitieren. Reihenweise sind in den vergangenen zwölf Monaten Fluggesellschaften pleite gegangen, die ihre Passagiere zuvor für ein Taschengeld befördert haben. Vor allem ökologisch sind diese Schnäppchen verheerend. Nicht einmal 200 Euro für einen Flug nach New York, lächerliche 30 Euro, um auf die Balearen zu kommen - das ist Ausbeutung in jeder Hinsicht. Es geht auf Kosten von Mitarbeitern, Ressourcen, der Umwelt - und unserer Gesundheit. Insofern können auch 30 Euro eine Fehlinvestition sein.

© SZ vom 04.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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