Jugendherbergen:Pasta statt Kartoffelküche

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Die Konkurrenz durch Billighotels macht den Jugendherbergen zunehmend zu schaffen. Diese versuchen nun, ihr biederes Image abzulegen.

Auf den drei Fenstern über dem Eingang stehen die Worte "Kopf - Raum ­ Auge" - Spuren des Hamburger Konzeptkünstlers Franz Erhard Walther: Er hat das weiße Gebäude im Bauhaus-Stil entworfen. Hinter den Glastüren verbirgt sich jedoch kein Kunstmuseum, sondern eine Jugendherberge im Emsland.

Das Jugend- und Kulturgästehaus Koppelschleuse Meppen wurde 2001 eröffnet und steht für den Trend deutscher Jugendherbergen, das Image alter Biederkeit abzulegen.

Wo früher Neonbeleuchtung, Muckefuck und ein gestrenger Herbergsvater herrschten, sollen heute modernes Design, internationales Essen und 24-Stunden-Service die Gäste verwöhnen.

"Wir hatten ein Imageproblem", sagt Thorsten Richter, Geschäftsführer des DJH-Landesverbandes Unterweser-Ems mit Sitz in Bremen. Die dortige Jugendherberge - die zweitgrößte im Landesverband nach dem Haus auf der Nordseeinsel Juist - wurde 2004 für fünf Millionen Euro renoviert und im Mai mit 237 Betten neu eröffnet.

Das kubusförmige Gebäude in modischen Retro-Farben ist schon nach außen ein Blickfang an der Weserpromenade Schlachte. Im geräumigen Foyer spendet ein Glasdach natürliches Licht, an der Rezeption stehen aerodynamische Barhocker. Beim Frühstück auf der Dachterrasse können Gäste den Blick über die Weser schweifen lassen.

Vor allem Japaner

Hausleiter Jürgen Koopmann setzt auf internationales Publikum. "Vor allem Japaner kommen in unser Haus", sagt der gelernte Koch, der auch schon mal selbst in der Küche die Pasta zubereitet.

Die alte "Kartoffelküche", wie er sagt, ist passé. Leicht und modern soll das Essen sein, wie auch sonst alles im Haus. Koopmanns Mitarbeiter an der Rezeption sind mindestens zweisprachig, ein Internet-Terminal ist ständig verfügbar, die Seminarräume sind mit modernster Präsentationstechnik ausgestattet. Es gibt ein Büro für internationale Jugendkontakte.

Internationalität in Bremen, Kunst und Kultur in Meppen, familienfreundliche Herbergen an der Thülsfelder Talsperre oder in Worpswede ­ Profilierung heißt das Zauberwort, mit dem das Deutsche Jugendherbergswerk (DJH) neue Kunden werben will.

"Familien entdecken uns"

"Die Häuser haben zunehmend Schwerpunkte", erläutert Richter. Alle Leistungen eines Hauses, von der Verpflegung über das Programm bis hin zum Management, konzentrieren sich auf eine bestimmte Zielgruppe.

Während in Bremen zweisprachige Stadtführungen für das internationale Publikum geplant sind, werden in Meppen in einem Netzwerk mit der örtlichen Kunstschule Seminare für die Gäste der Jugendherberge Koppelschleuse angeboten.

Auf den Nordseeinseln verbringen Familien ihre 14 Tage Urlaub schon mal komplett in der Jugendherberge. "Familien entdecken uns", sagt Richter. Auch Seminare und Tagungen junger Leute werden zunehmend in den Häusern gebucht.

Das DJH braucht neue Besuchergruppen. Die Übernachtungszahlen gehen zurück, wenn auch bisher nur leicht. Bundesweit zählte der Verein 2004 knapp 9,9 Millionen Übernachtungen. Preisgünstige "Backpacker"-Hotels locken zumindest in den Großstädten die Jugendlichen ab 16.

Investitionen und Schließungen

Mit den "Backpackern" streitet das DJH zudem über den Gebrauch des Namens "Jugendherberge", den bis jetzt nur der Verein nutzen darf. Dramatisch sind auch die Einbrüche bei der wichtigsten Zielgruppe, den Schülern der Sekundarstufe I. Gründe sind vor allem Kürzungen im Schulbereich durch die knappen Finanzmittel. Klassenreisen werden immer seltener.

Um wieder fit für den umkämpften Markt des Übernachtungsgewerbes zu werden, fährt auch das DJH Unterweser-Ems einen strengen Wirtschaftskurs. Es wird zunehmend investiert, sieben bis acht Millionen Euro waren es laut Richter im vergangenen Jahr in Niedersachsen und Bremen.

Allerdings wurde das Geld fast ausschließlich in die Schlüsselstandorte auf den Inseln oder in den größeren Städten gesteckt. Nach seinen Angaben wurden acht Häuser in den vergangenen drei Jahren geschlossen - weitere könnten folgen.

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