Interview:Die Berge als Spektakel?

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Wandern ist langweilig, finden die meisten Jugendlichen. Ein Studie zeigt, woran es liegt.

Interview: Sabine Reuter

(SZ vom 15.10.02) - Das hat die Fachhochschule für Tourismus- & Freizeitwirtschaft des Management Centers Innsbruck herausgefunden. In der Studie, ging es in erster Linie darum, welches Image Jugendliche mit den Bergen verbinden, und ob sie mit ihrem Alpinurlaub zufrieden waren. Der Leiter der Fachhochschule, Hubert Siller, der die Untersuchung auf dem Tourismus-Symposium Future Mountain in Sölden im Ötztal vorgestellt hat, erläutert ihre wesentlichen Ergebnisse.

SZ: Was vermissen Jugendliche in den Bergen?

Siller: Fast 80 Prozent der 14- bis 30-Jährigen, die wir in Deutschland befragt haben, geben an, dass sie schon einmal Urlaub in den Bergen gemacht haben. Im Winter sind auch mehr als die Hälfte, 56Prozent der Befragten, sehr zufrieden gewesen. Da stimmt offenbar das gesamte touristische Paket aus Schnee, Sport, Spaß und Naturerlebnis, und deshalb werden die Alpen als Urlaubsziel für den Winter auch weiterempfohlen. Im Sommer aber fühlen sich nur 36 Prozent aller jugendlichen Bergurlauber ausgesprochen wohl. Da wird ihnen zu wenig geboten. Viele wissen einfach nicht genau, was sie in den Bergen anfangen sollen.

SZ: Müssten Urlaubsquartiere komfortabler eingerichtet werden, um mehr Vergnügungsmöglichkeiten zu bieten?

Siller: Nein, daran stören sich die wenigsten jungen Leute. Sie sind sehr genügsam. Sie brauchen keinen Komfort, keine Prestige-Herberge. Diese Dinge sind ihnen fremd. Viele sind froh, wenn ihnen einfach die Möglichkeit gelassen wird, nichts zu tun.

SZ: Kann man junge Leute überhaupt noch fürs Wandern gewinnen?

Siller: Ich glaube, die Bewegung in der Natur kann sie durchaus locken. Die meisten bewerten es ja sehr positiv, in den Bergen von schöner Landschaft umgeben zu sein. Aber Wandern allein ist langweilig, sagen die Jungen. Man darf nicht versuchen, sie mit klassischem Wandern, das sie als Kinder kennen gelernt haben, zu locken. Möglicherweise muss man das Wandern anders verkaufen, auch mit neuen Begriffen. Für "Trekking" oder "Hiking" sind Jugendliche leichter zu begeistern. Aber sie wollen damit kein mühsames Trimmen verbinden. Am Abend wollen Jugendliche dann wirklich aktiv sein und etwas erleben.

SZ: Müssten demnach in den Bergen auch im Sommer mehr Events und Abenteuer geboten werden?

Siller: Wir müssen mehr Gelegenheiten schaffen, bei denen Jugendliche andere junge Leute kennen lernen können. Sie wollen kommunizieren und Spaß und Unterhaltung haben. Aber was sie nicht wollen, ist Spektakel in luftigen Höhen. Ballermann in den Bergen ist kein Erfolgsrezept. Das haben die Umfragen eindeutig ergeben.

SZ: Haben Sie eine Vorstellung, wie die Bergwelt für die Jugendlichen im Sommer schmackhafter gemacht werden könnte?

Siller: Wir brauchen nicht irgendwelche Angebote aus dem Ärmel zu zaubern, davon haben wir genügend. Aber wir müssen uns an den Bedürfnissen der Jugendlichen ausrichten und kleine Attraktionen schaffen, die Bequemlichkeit bringen. Wir brauchen zum Beispiel leichte Mountainbike-Strecken, denn sonst ziehen wir nur Extremsportler an, und die sind nicht sehr viele. Sport, das bedeutet für junge Leute Kommunikation und Unterhaltung. Hinterher darf man nicht so geschlaucht sein, dass man zu keiner Kommunikation mehr fähig ist.

SZ: Was sollten die Touristiker also anders und besser machen?

Siller: Wir müssen das Natur- und Landschaftserlebnis stärker herausstellen, die klare Luft in den Bergen besser verkaufen. Ebenso die Reinheit der Flüsse und Seen. Diese Vorzüge, die im Sommer deutlicher sichtbar sind als im Winter, müssen mehr betont werden: Die Berge müssen im Sommer ein besseres Image bekommen. Doch das geht nur, wenn wir das Naturerlebnis verbinden mit Animationsformen, die bei den Jugendlichen ankommen. Es ist im Winter gelungen, starke Namen, Marken für den Tourismus zu positionieren: Ischgl, Sölden, St.Moritz, Kitzbühel. So etwas muss auch für den Sommer gelingen.

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