In Digitalien:Guckst du!

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Online-Marketing in der Reisebranche: Die digitale Präsenz wird für Reiseveranstalter immer wichtiger. Kleine Unternehmen setzen nun verstärkt auf Youtube - und haben damit Erfolg.

Von Stefan Fischer

Die Musik ist träumerisch, die Stimme verführerisch. Aber da ist ein Geräusch, das einen noch viel stärker fesselt, obwohl man es erst nur unbewusst wahrnimmt: das Rattern eines Zuges über die Schwellen der Gleise. Eine Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn ist für viele Menschen ein Lebenstraum, und hier gibt es einen Vorgeschmack darauf: Der Reiseveranstalter Lernidee stellt auf Youtube eine ganze Reihe von Filmen zur Verfügung, die Urlaubssehnsüchte verstärken sollen und die Lernidee mit seinen Angeboten bedient. Den halbstündigen Dokumentar-Werbe-Film über die Transsibirische Eisenbahn zum Beispiel haben bereits annähernd drei Millionen Menschen gesehen.

Ganz grundsätzlich dominieren die großen Reiseanbieter auch das Online-Marketing: Die stärkste digitale Präsenz hat Tui, gefolgt von Aida, Neckermann Reisen, L'tur und Thomas Cook. Sieht man sich die einzelnen Kanäle und Strategien jedoch genauer an, ergibt sich zum Teil ein anderes Bild. Das hat eine Erhebung der Agentur Digitaleffects ergeben, die 2015 zum zweiten Mal die Online-Marketing-Aktivitäten der 250 im Branchenverband DRV gelisteten Reiseveranstalter gemessen hat.

Bei der Suchmaschinenoptimierung (SEO) und beim Suchmaschinenmarketing (SEA) liegen die marktführenden Pauschalreiseveranstalter sehr deutlich vorne. Anders sieht es in den sozialen Medien aus - und speziell beim Marketing über Youtube. Da hat der kleine, inhabergeführte Veranstalter Lernidee mit circa 50 Mitarbeitern einen Marktanteil von elf Prozent. Nur Club Med liegt noch davor. Ebenfalls unter den zehn erfolgreichsten Vermarktern auf Youtube sind Jam-Reisen, Ruf-Reisen und Crystal Tours, allesamt Spezialisten für Jugend-, Abi-, Party- und Eventreisen. Das ist insofern besonders bedeutsam, weil Youtube nach Angaben des "Social Media Atlasses 2015/16" Facebook als wichtigstes soziales Medium überholt hat. Und es ist eben nicht so, dass sich dort nur eine ohnehin socialmedia-affine Kundschaft tummelt, wie der Erfolg der Jugendreise-Veranstalter noch nahelegen könnte. Lernidee ist ein klassischer Studienreise-Anbieter.

Facebook ist natürlich nach wie vor ein wesentliches Medium. Die Junge-Leute-Reiseanbieter Ruf und Jam liegen da jedoch nur am Ende der Top Ten - ein Indiz dafür, dass sich jüngere Menschen vermehrt von Facebook abwenden (oder sich gar nicht mehr zuwenden). Hier sind die Kreuzfahrt-Anbieter besonders präsent: Aida, MSC, Costa und Tui Cruises. Die haben eine Kundschaft, die bereits im nächsten Lebensabschnitt ist, junge Familien zum Beispiel.

Seine Wichtigkeit für die Vermarktung von Reisen weitgehend verloren hat Twitter. Beinahe alle Veranstalter haben ihr Engagement beim Kurznachrichtendienst reduziert. 144 Schriftzeichen können offenbar nicht mehr konkurrieren mit einer Filmdatenbank, wenn es darum geht, die Lust auf Strände, Partys oder Weltwunder zu befeuern.

© SZ vom 25.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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