Haustier-Hotel:Gasthof der Kuscheltiere

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Wohin mit dem Haustier im Urlaub? Spezialisierte Hotels bieten skurrilsten Service für Vierbeiner.

Johanna Simon

Ob er das mag? Sieht nicht so aus. Wenn man Alice Borchardt dabei zusieht, wie sie einem Schäferhundmischling ihre "Doggy-Wellness" angedeihen lässt, stellt sich die Frage, ob sich hier nicht Frauchen selbst Gutes tut - mehr als ihrem Hund. Der scheint auf die Pfotenreflexmassage keinen Bock zu haben, bei der Rückenmassage hechelt er und dass an seinen Ohren Niere, Harnleiter und Blase stimuliert werden sollen, lässt ihn eher kalt.

Damit auch dem Hund der Urlaub Spaß macht: Immer mehr Hotels stellen sich auf Vierbeiner ein. (Foto: Foto: dpa)

Borchardt betreibt an der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern zusammen mit ihrer Familie eine kleine Pension ("Beauty-Relax-Villa"), in der Hunde nicht nur willkommen sind, sondern mit allen Mitteln verhätschelt werden. Es gibt spezielle Massage-Workshops, wo die Herrchen lernen, wie sie ihren Hund fachgerecht massieren können, inklusive Ernährungstheorie und geführten Hundewanderungen. Der Workshop kostet 244 Euro, eine 40-minütige Hundemassage schlägt mit rund 30 Euro zu Buche. Das Konzept kommt offensichtlich an: Das Hotel sei für die kommenden Wochen ausgebucht, sagt Borchardt.

Fast 20 Millionen Haustiere leben laut einer Studie des Industrieverbands Heimtierbedarf in Deutschland. Wenn ihre Besitzer in den Urlaub gehen, stellt sich die Frage: Mitnehmen oder in eine der zahlreichen und in allen Kategorien vorhandenen Hundepensionen geben?

"Hunde sind neugierig und eignen sich deshalb als Reisegefährten, Katzen, Meerschweinchen und Vögel nicht", sagt Steffen Beuys, Pressesprecher beim Deutschen Tierschutzbund. Katzen würden sich an ein Revier binden, nicht an Menschen. Besser als eine Reise sei für sie eine Versorgung zu Hause durch Freunde oder ein Familienmitglied.

Ist das nicht möglich, empfiehlt der Experte eine Unterbringung in einer Tierpension. Das gleiche gilt auch für Kleintiere: Hamster, Meerschweinchen und Kaninchen sind zwar nicht reviergebunden, aber sehr empfindlich, vor allem Hitze vertragen sie schlecht. Eine Reise mit Vögeln ist laut Beuys absolut tabu.

Für Tiere, die nicht privat versorgt werden, hat sich ein differenzierter Markt entwickelt, der Lösungen für jeden Geschmack und Geldbeutel anbietet. Im Pfötchenhotel Berlin etwa kommt man auf einen stolzen Preis, wenn man ohne sein Tier verreisen möchte. Die Unterbringung eines Hundes im "Doppelzimmer" kostet je nach Gewicht und Jahreszeit zwischen 24 und 40 Euro am Tag, im "Einzelzimmer" kommt ein Aufpreis dazu. Eine Katze ist mit 15 bis 20 Euro günstiger.

Die Tierpension Colbitz in Sachsen-Anhalt verlangt für den Hund zwischen neun und 12 Euro am Tag, für die Katze sieben Euro. Dieser Preis umfasst das gesamte Angebot, nur ein Heizkostenaufschlag im Winter kommt noch dazu. Eine billigere Alternative zu den Tierpensionen ist der private Tieraustausch. Unter dem Motto "Nimmst du mein Tier, nehm ich dein Tier" vermittelt der Deutsche Tierschutzbund seit Jahren derlei Ferienbetreuung.

Nicht so spontan

Hunde, erklärt Beuys, gehen je nach Konstitution und Alter gerne auf Reisen, weil sie ihrem Besitzer überall hin folgen. Doch für den Spontantrip ins Ausland ist auch ein Hund nicht der geeignete Reisegefährte. Bevor es losgeht, muss man nämlich einige bürokratische Hürden überwinden: Innerhalb der Europäischen Unionbenötigen Tierhalter einen Heimtierausweis vom Tierarzt. Darauf vermerkt sind die vorgeschriebenen Impfungen, die Tollwutimpfung muss mindestens einen Monat vor der Abreise gemacht werden.

Will man mit einem Tier eine Flugreise unternehmen, sollte man sich bei der Fluglinie rechtzeitig über deren Bestimmungen erkundigen. Wichtig ist eine geeignete Transportbox. Während Kleintiere und Hunde, die leichter als fünf Kilogramm sind, als Handgepäck mit in die Kabine genommen werden dürfen, müssen größere Exemplare im Gepäckraum fliegen.

Dänemark, Schweden und Polen gelten unter urlaubenden Haustierhaltern als Schlaraffenland, weil Hunde sogar an öffentlichen Stränden frei herumlaufen dürfen. Deutschland hat an Nord- und Ostsee eine große Anzahl von Hundestränden eingerichtet, damit sich andere Urlauber nicht gestört fühlen. Italien dagegen verschreckt manche Hundebesitzer, weil dort in öffentlichen Verkehrsmitteln Maulkorbzwang herrscht.

In Spanien geht es noch strenger zu: Im Zug muss der Hund in eine Transportbox. Überhaupt müssen sich deutsche Haustierliebhaber in fremden Ländern oft erst daran gewöhnen, dass ein Hund dort eben als Hund und nicht als Menschenersatz behandelt wird. Warnungen auf einschlägigen Internetseiten, wonach es in südlichen Ländern viele herrenlose Hunde gebe und dass Hunde im Restaurant und am Strand nicht gern gesehen würden, gibt es allenthalben. Der Restaurantbesuch oder die Mitnahme im Taxi ist meist vom guten Willen des jeweiligen Gastgebers abhängig. Auch eine Übernachtung im Hotel ist für Haustiere nicht immer gestattet. Zahlreiche Hotels im In- und Ausland werben deshalb ausdrücklich damit, dass Haustiere willkommen sind und bieten auch manchmal eine speziell Betreuung an.

Es werde jedenfalls viel Geld gemacht mit den vermeintlichen Bedürfnissen der Tiere, sagt Tierschützer Beuys. "Dabei geht es manchmal eher um die Eitelkeit des Tierhalters als um das Wohl des Tieres."

© SZ vom 30.04.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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