Google Earth & Co.:Um die Welt in 80 Sekunden

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Geobrowser werden für die Ferienplanung immer wichtiger - Programme wie Google Earth simulieren die Reise vorab am Bildschirm.

Wolf Schmidt

Das Hotel "East Anglia" in Bournemouth macht auf den ersten Blick einen vernünftigen Eindruck. Ganz in der Nähe des goldfarbenen Sandstrands soll das Drei-Sterne-Hotel liegen - verspricht zumindest die Internetseite.

(Foto: Foto: Virtual Earth)

Tippt man Bournemouth allerdings beim virtuellen Globus Google Earth ein, bekommt man ein anderes Bild. Während das Programm immer näher an den Badeort heranzoomt, sieht man, dass hinter dem Hotel die Schnellstraße A338 vorbeiführt. Und "Strandnähe" ist auch Ansichtssache: Bis zum Pier sind es gut 1,5 Kilometer.

"Mit Diensten wie Google Earth kann man sofort erkennen, wo das Hotel steht - ob in Strandnähe oder neben einer Müllkippe", sagt Dorothee Wiegand vom Computermagazin c't.

Geo-Browser helfen nicht nur beim ohnehin etwas erbsenzählerischen Überprüfen von Reisebroschüren und Hotelangaben. Für immer mehr Menschen werden sie zu ernsthaften Utensilien der Urlaubsplanung - und ergänzen so Falk-Plan und Baedeker-Reiseführer.

Google Earth ist das bekannteste Programm, um das Ferienziel aus der Luft zu erkunden. Aber lange nicht das einzige. 200 Millionen Mal ist die Anwendung laut Google bereits aus dem Netz geladen worden, die meisten Nutzer sitzen in den USA und in Deutschland.

Für US-amerikanische und europäische Städte liefert Google Earth die schärfsten Satellitenbilder. So kann man in New York einen virtuellen Flug über den Central Park unternehmen, dann die 5th Avenue hinunter, am Empire State Building vorbei zur Südspitze Manhattans und hinüber zur Freiheitsstatue navigieren.

Hochhäuser wie das Rockefeller Center können auch als 3-D-Modelle dargestellt werden. Mittlerweile deckt Google Earth nach eigenen Angaben 30 Prozent der Erdoberfläche ab, die Hälfte der besiedelten Gebiete seien mit hochauflösenden Bildern vertreten.

Fotos mit Postkartenqualität

Doch für einige Orte der Welt gibt es Alternativen, die zum Teil bessere Bilder liefern als Google Earth. Vor allem der Microsoft-Konkurrent Virtual Earth holt auf. Für einzelne Städte bietet das Programm nicht nur die auch bei Google übliche Draufsicht, bei der man oft nur die Dächer sieht, sondern zusätzlich die halbschräge Vogelperspektive.

Die Fotos, die Microsoft von der Dresdner Semperoper, der Towerbrücke in London oder dem Kolosseum in Rom liefert, haben fast schon Postkartenqualität. Ein großartiges Spielzeug, um eine Städtetour zu planen - oder danach seinen Freunden zeigen zu können: Schaut mal, da war ich!

83 deutsche Städte sind in Virtual Earth bereits aus der "Bird's Eye View" zu sehen. Dafür ließ Microsoft während der Fußball-WM im Sommer 2006 mit Kameras ausgestattete Kleinflugzeuge über den Städten kreisen und diese abfotografieren.

Bis Ende 2008 sollen 900 Städte in ganz Europa erfasst sein, womit fast alle Siedlungen mit mehr als 50000 Einwohnern abgedeckt wären. Zurzeit sind viele wichtige Städte wie Berlin oder Hamburg noch nicht abfotografiert. Die Ansicht von Paris hat eine schlechtere Qualität als eine vergilbte Luftaufnahme aus den siebziger Jahren - die Seine ist nur zu erahnen.

Und während bei der Alhambra in Granada die Gärten detailliert zu sehen sind, erkennt man von der nahen Sierra Nevada nur grobe Pixel.

Lange Ladezeit bei der Nasa

Hier ist das von der Nasa betriebene Programm World Wind eine Alternative. Die Nasa-Satelliten liefern von zahlreichen Landschaften und Sehenswürdigkeiten - etwa den Niagarafällen oder dem Great Barrier Reef - ansehnliche Aufnahmen, wenn auch erst nach einiger Ladezeit. Mit Zusatzprogrammen lassen sich Lichtverhältnisse, Tageszeit und Wetter simulieren. World Wind ist ein komplexes Programm, das den virtuellen Weltenbummler aber schnell überfordern kann.

Neben den großen Geobrowsern von Google, Microsoft und Nasa gibt es noch eine Vielzahl kleinerer Dienste - die nichtsdestotrotz von manchen Flecken der Erde schönere Ansichten liefern.

So hat Klicktel von einigen deutschen Städten Bilder aus der "Eagle-View" ins Netz gestellt, wie das Unternehmen seine Luftansicht nennt. Viele sind es bisher nicht, aber die Kulturhauptstadt Essen samt Ruhr und Rhein-Herne-Kanal beispielsweise ist bei keinem der Konkurrenten auch nur annähernd so detailliert zu betrachten. Und an die Münchner Innenstadt zoomt die Anwendung so dicht heran, dass man die Uhrzeit auf der Frauenkirche erkennen kann.

Für Englandbesucher ist die Seite 192.com ein Tipp. Die Luftansichten von Stonehenge oder der Küste Cornwalls sind besser als die von Google oder Microsoft. "Ich kann sogar das Gewächshaus meines Vaters und die Büsche meines Großvaters finden", schreibt ein Journalist im Guardian.

Und vor einer Reise nach Italien lohnt sich ein Blick auf die Karten von paginegialle.it. Von acht italienischen Städten bietet der Kartendienst Fotos aus der Bodenperspektive, auf denen sogar Autos, Vespas und Menschen zu erkennen sind.

Ähnliches hat nur Google im Angebot. Dessen hochdetaillierte "Street View", die bisher auf fünf amerikanische Städte beschränkt ist, sorgt derzeit jedoch für Ärger. Auf manchen Bildern sind Frauen in Bikinis zu erkennen.

Detailreich ist auch Paginegialle. Per Mausklick kann man durch die Straßen von Genua, Rom Mailand oder Rimini navigieren - und dabei an allen Orten rundum blicken. In Florenz kann man virtuell am Arno entlang flanieren, einen Blick auf die Ponte Vecchio und die Uffizien werfen, danach eine Anhöhe hinauf zum Piazzale Michelangelo gehen, wo man dann vor einer Kopie des Davids steht. Oder besser gesagt hinter ihr. Denn die Vorderansicht der Statue bekommt man nicht zu sehen, sie wurde offenbar nicht fotografiert. Dafür müsste man tatsächlich noch einmal nach Florenz fahren.

Virtuelle Weltkarten (alle kostenlos):

Google Earth: earth.google.de

Microsoft Visual Earth: maps.live.com

World Wind: worldwind.arc.nasa.gov

Klicktel: www.klicktel.de

192.com: www.192.com/maps/

Paginegialle: www.visual.paginegialle.it

© SZ vom 12.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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