Galapagosinseln:Garteln statt tauchen

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Derzeit schnorchelt Mathias Espinosa nur zum Zeitvertreib in der Bucht von Puerto Ayora. (Foto: privat)

Protokoll von Ingrid Brunner

Mathias Espinosa, 57, betreibt in Puerto Ayora auf Santa Cruz, der Hauptinsel des Galapagos-Archipels, eine Tauchbasis mit zwei Booten und ein Hotel.

"Meine Familie geht nur mit Maske aus dem Haus. So vorsichtig sind hier auf den Galapagosinseln alle. Sogar am Strand tragen wir Maske. Wir haben ein eigenes medizinisches Labor auf der Insel. Dabei - oder vielleicht deshalb - hatten wir bis jetzt nur wenige Covid-Kranke. Und nur ein Kapitän von den Inseln ist gestorben, das passierte aber auf dem Festland. Ansonsten arrangieren wir uns hier mit der Situation ohne Touristen. Meine Tauchbasis ist geschlossen - nach 25 Jahren und circa 60 000 Gästen. Auch mein Hotel Casa de Mathias ist zu, seit die kanadische Familie, die hier fünf Monate festsaß, abgereist ist. Sie wären am liebsten hiergeblieben.

Nicht nur bei ihnen, auch bei uns Einheimischen hat sich eine Art Robinson-Gefühl eingestellt. Gelegentliche Stromausfälle tragen dazu bei. Aber auch, dass so viele Geschäfte und fast alle Restaurants geschlossen sind. Das Versorgungsboot kommt noch, doch weil die Leute weniger Geld haben, kaufen sie weniger, und die Produkte werden teurer. Wer nun denkt, die Krise habe uns voll im Griff, irrt. Südamerikaner mussten schon immer improvisieren.

Viele haben stattdessen begonnen, Gemüse anzubauen. Auch ich ernte bereits Süßkartoffeln, Tomaten, Kräuter. Mein Nachbar ist erfolgreicher, der hat sogar Trauben, Melonen. Hier entsteht gerade ein interessantes Wirtschaftsmodell: Tauschhandel. Auf Facebook gibt es nun einen virtuellen Marktplatz. Da gibt es frisch gebackenes Vollkornbrot gegen Paprika. Manche Leute jagen sogar die wilden Ziegen im Hochland. Und das Meer deckt den Tisch täglich mit frischem Fisch.

Anfangs hatten wir die Hoffnung, dass der Lockdown schnell zu Ende geht, nun kommt der Tourismus ganz langsam zurück, aber wir haben es gar nicht mehr so eilig. Seit Anfang August waren circa 400 Gäste da. Meine Einschätzung: Der Markt wird sich verkleinern, kleinere Gruppen, zahlungskräftigere Kunden, vielleicht sogar mit eigenen Yachten. Galapagos wird zum Geheimtipp. Und wir werden uns anpassen, so wie die Darwinfinken ihre Schnäbel adaptierten.

Aber im Moment fühlt sich hier selbst noch jeder wie ein Millionär: so wenig Leute, so viel Natur. Seit in der Bucht kaum noch Boote fahren, sehe ich beim Schnorcheln Schildkröten, die Algen fressen, junge Haie, sogar Wale."

© SZ vom 03.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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