Frauenpower in Südtirol:Jung, weiblich, ideenreich

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Gastgeberinnen in Hotels, Bauernhöfen und Restaurants versuchen sich an neuen, moderneren Angeboten. Sie knüpfen an Vertrautes an und machen daraus etwas Unerwartetes. Damit gewinnen sie auch neue Zielgruppen hinzu.

Von Ingrid Brunner

Alles Apfel

Maria Pichler führt zusammen mit dem Rest ihrer Familie das Apfelhotel Torgglerhof in Saltaus. (Foto: Ingrid Brunner)

Südtirol und der Apfel gehören zusammen wie Wien und der Heurige. So weit, so bekannt. Ist also ein Apfelhotel vielleicht ein wenig zu viel des Guten? Kommt wie immer darauf an, was man daraus macht. Im Apfelhotel Torgglerhof in Saltaus im Passeiertal hat man sich einiges einfallen lassen. Und nein, der Besucher muss nicht befürchten, ein Gebäude in Form eines Apfels vorzufinden. Die Familie Pichler knüpft ein Band zwischen den Apfel- und Obstgärten, die von jeher ihre Lebensgrundlage waren, und bewahrt dieses Erbe auf zeitgemäße Art. Das Apfelthema wird sehr diskret inszeniert, vornehmlich mit der Farbe Grün. Sie findet sich auf Servietten, Tischdecken und Polstern wieder. "Die Äpfel und die Natur sind doch das, wovon wir leben", erklärt Tochter Maria. Zur Begrüßung schenkt sie Apfelsekt aus, den hat ihr Bruder Martin gekeltert. Im restaurierten Stadel findet sich dann aber doch noch alles vom Apfel. Es beginnt beim Apfelbalsamico und endet nicht bei der Apfelseife. Das älteste Haus auf dem Anwesen ist eine winzige Kate, die kurioserweise um einen mächtigen Felsbrocken herumgebaut wurde. Heute ist es das Massagehäusl. Am anderen Ende des Hofes steht der neueste Bau: eine Sauna, die vom Architektenteam Noa Network of Architecture aus Bozen unter die Erde verlegt wurde und sich wie ein futuristisches Hobbithäuschen ausnimmt. Im Mittelpunkt des Gartens steht eine prächtige Trauerweide. Die haben die Eltern, Sepp und Mali Pichler, zu ihrer Hochzeit gepflanzt. Für den Seniorchef "ein Symbol, wie gut unsere Ehe gediehen ist". Für die Gäste ein lauschiger Ort zum Genießen - mit und ohne Apfel. ( www.apfelhotel.com)

Junge Frau, alte Scheune

Die junge Unternehmerin Judith Mathà schuff mit dem Grieserhof in Nals ein Ferienwohnungsdomizil. (Foto: Ingrid Brunner)

Erst 26 Jahre ist Judith Mathà, dafür ist der denkmalgeschützte Stadel, der zum Grieserhof in Nals gehört, aus dem Jahr 1313 - oder noch älter. Da hinein sollten also nach ihrem Wunsch Ferienwohnungen gebaut werden. "Die Auflagen waren kompliziert", erklärt Vater Peter Mathá. Er und seine Frau Lotti haben gebürgt, um die Renovierung zu finanzieren. Nur ein Jahr hat es gedauert, das Innere des Stadels wurde vollständig entkernt. Die Phasen des Umbaus hat die junge Unternehmerin Judith auf Facebook gepostet, und so kamen schon vor der Fertigstellung die ersten Buchungen. Seit Mai sind nun Gäste in den vier hochwertig ausgestatteten Maisonettewohnungen. Man betritt sie durch ein loftartiges Atrium, das über Stege begehbar ist, mit einer Gemeinschaftsküche im Zentrum. Aus dem übrigen Holz wurden Möbel, Türen und die Küche gefertigt. So gemütlich kann schöner wohnen in Südtirol sein. ( www.grieserhof-nals.com)

Drei Schwestern

Frauenpower: Die drei Schwestern Priska, Anna und Martina Ganthaler (von links) führen gemeinsam das Hotel Muchele in Burgstall. (Foto: Hotel Muchele)

Wäre es nicht zu altbacken, könnte man das Hotel Muchele in Burgstall ein Dreimäderlhaus nennen. Doch das Hotel, das die drei Schwestern Martina, Priska und Anna Ganthaler gemeinsam mit den Eltern führen, ist alles andere als die Filmkulisse einer Nachkriegsschmonzette. Stattdessen findet man sich in einem neuen Haus, das 2014 das alte Familienhaus ersetzte: licht, modern und ohne alpenländische Anklänge. Die Front mit ihren filigranen Balkongittern verströmt Leichtigkeit und wirkt verspielt. Die eigenwilligen Möbel hat Martina Ganthaler ausgesucht. Sie stammen in der Mehrheit vom italienischen Designerlabel Moroso aus Udine. Moroso hat auch die Bar und die Terrasse gestaltet - wie in großes Wohnzimmer im Freien. In der Küche schwingt Evelin Frank das Zepter. Dieses Energiebündel mit nur 1,50 Meter Körpergröße kocht auf hohem Niveau aus regionalen Zutaten. Wer sich gut führt, darf sogar in der Küche am großen Tisch sitzen und ihr bei der Arbeit zusehen. Während Martina und Priska sich um die Gäste kümmern, ist Anna, die jüngste Schwester, für den Spa zuständig. Sie entwickelt gerade ihre eigene Kosmetiklinie. Die drei jungen Frauen haben dieses Jahr den Zukunftspreis für Hotellerie und Gastronomie in Hamburg gewonnen. Begründung war, das Haus sei architektonisch, ökologisch, kulinarisch überzeugend und das Gesamtkonzept konsequent nachhaltig ausgerichtet. Konzept? Da lacht Martina Ganthaler: "Wir haben kein Konzept, wir machen alles so, wie wir es auch gerne mögen, damit sich die Gäste bei uns wie zu Hause fühlen." Das dürfte geklappt haben. ( www.muchele.com)

© SZ vom 17.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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