Flughafen Madrid:"Passagiere wie Koffer behandelt"

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Vergebliches Warten, pampiges Bodenpersonal, keine Informationen: Eine Familie brauchte vier Tage für den Flug von Teneriffa nach München via Madrid.

Javier Caceres

Die ersten beiden Koffer seien wieder da, sagt Josef Kotalion aus München, und die Hoffnung darauf, dass am Freitag womöglich auch der dritte auftaucht, hat er noch nicht verloren. Eine ganze Woche wird es dann her sein, dass er mit Frau und Tochter in Teneriffa eincheckte, bei der spanischen Fluglinie Iberia.

Iberia-Passagiere erlebten Chaos-Tage in Madrid. (Foto: Foto: AFP)

Über Madrids hochmodernen Flugterminal T4, einem der wichtigsten Drehkreuze des europäischen Flugverkehrs, sollte es von der kanarischen Urlaubsinsel zurück nach München gehen.

Doch statt einer raschen Durchreise erlebte Familie Kotalion eine viertägige Tortur."Meine Frau musste wegen eines Nervenzusammenbruchs ins Krankenhaus", berichtet Kotalion. Das war am Sonntag, nachdem sie zum x-ten Mal Standby-Bordkarten überreicht bekommen hatten - nach stundenlanger Warterei.

Kotalion erzählt von Willkür, von undurchschaubaren Ranglisten bei der Vergabe der Sitzplätze und von mürrischen Iberia-Mitarbeitern, die nur dürftig Englisch sprachen. "Hätten nicht einige Spanier Druck gemacht, säße ich immer noch in Madrid", meint Kotalion.

Die spanischen Zeitungen waren in den vergangenen Tagen voll von ähnlichen Schicksalen, bei der SZ meldeten sich weitere Iberia-Geschädigte. Der spanische Verband der Reiseagenturen (AEDAVE) klagte öffentlich, die Airline lasse ihren Gästen eine "demütigende" Behandlung zukommen: "Iberia verfährt mit ihren Passagiere wie mit Koffern."

Iberia gibt Piloten die Schuld

Iberia-Vertreter wiesen diese Anschuldigungen erbost zurück. Man habe bislang mehr als fünf Millionen Euro aufgewendet, um die Folgen des Streiks abzumildern. Allein am Wochenende seien mehr als 7000 Personen in Hotels in Madrid und Umgebung untergebracht und Dutzende Flieger anderer Gesellschaften angemietet worden. Die Fluggesellschaft bezichtigt ihrerseits die Piloten, mit einem "illegalen Bummelstreik an der derzeitigen Lage alleinschuldig" zu sein.

Die Pilotengewerkschaft Sepla versichert hingegen, die Verspätungen seien ausschließlich auf Personalmangel zurückzuführen. Derzeit laufen Fusionsgespräche zwischen Iberia und British Airways. Die Piloten wollen offenbar verhindern, dass die Verschmelzung auf Kosten der Iberia-Belegschaft geht. Iberia wirft den Piloten vor, Einfluss auf strategische Entscheidungen nehmen zu wollen.

Das Drama am Wochenende wurde durch den Bummelstreik der Fluglotsen sowie durch schlechte Wetterbedingungen verschärft. Am Mittwoch mussten insgesamt in Madrid 31 Flüge abgesagt werden, 66 Prozent der Iberia-Maschinen hatten Verspätung. Auch am Donnerstag kam es insbesondere am Flughafen Madrid-Barajas wieder zu massiven Verspätungen.

© SZ vom 9.1.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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