Fliegen & Umweltschutz:"Die Kerosinsteuer ist sinnlos"

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Warum die deutschen Flughäfen lieber auf höhere Gebühren als auf höhere Steuern setzen - ein Interview mit Martin Bunkowski vom Verband der Flughafenbetreiber.

Jan Fredriksson

Die Flughäfen München und Frankfurt wollen von 2008 an ihre Start- und Landegebühren auch von den Emissionen der Flieger abhängig machen. Martin Bunkowski leitet bei der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen das Projekt Emissionshandel.

Was der Start dieser Maschine in München kostet, soll bald auch von ihren Emissionen abhängen. (Foto: Foto: AP)

sueddeutsche.de: Herr Bunkowski, wie berechnet man eine schadstoffabhängige Landegebühr?

Martin Bunkowski: Die schadstoffbezogene Komponente wird in Abhängigkeit von den Stickoxidemissionen der Flugzeuge berechnet. Wie dieser Faktor in die Entgelte integriert werden kann, untersuchen wir gerade für den Versuch in Frankfurt und München. Auch die Abstimmung mit den Fluglinien ist noch im Gange. Jetzt schon können wir sagen: Emissionsabhängige Flughafenentgelte sollen den Schadstoffausstoß verringern, ohne dass die Flughäfen daraus Profit ziehen.

sueddeutsche.de: Aber Passagiere bestimmter Linien müssen bald mehr bezahlen?

Martin Bunkowski: Ob der Passagier das beim Ticketkauf spürt, ist noch nicht klar. Schon beim Anstieg der Kerosinpreise war zu beobachten, dass die Airlines höhere Kosten unterschiedlich stark an die Fluggäste weitergeben. Genaueres zur Preisgestaltung können Ihnen natürlich nur die Fluglinien sagen, was sie aber angesichts der scharfen Konkurrenz kaum tun werden.

sueddeutsche.de: Verbraucher- und Umweltschützer sind sich einig, dass außerdem eine Kerosinsteuer nötig ist: Nur mit teurerem Treibstoff könnten Umweltschäden durch den rasant wachsenden Flugverkehr eingedämmt werden. Warum sperrt sich Ihr Verband gegen diese Steuer?

Martin Bunkowski: Weil wir uns in der Branche einig sind, dass sie überhaupt keinen Sinn macht.

sueddeutsche.de: Wirtschaftlich für Sie oder ökologisch für die Welt?

Martin Bunkowski: Weder wirtschaftlich noch ökologisch. Die gewünschte Steuerwirkung wird man nicht erhalten.

sueddeutsche.de: Aber das ist doch ein ganz direktes Instrument, transparent für alle Beteiligten!

Martin Bunkowski: Das Kerosin kostet die Airlines so viel, dass sie schon heute überaus sparsam damit umgehen und dass weitere Einspareffkte gar nicht mehr möglich sind. Aus dem gleichen Grund werden die Fluggesellschaften neue technische Möglichkeiten sofort ausreizen, ohne dass man sie dazu zwingen muss.

sueddeutsche.de: Wenn es eine Kerosinsteuer gäbe, würden dann vielleicht weniger Leute fliegen?

Martin Bunkowski: Das glaube ich nicht: Auch Zuschläge wegen höherer Kerosinpreise haben die Leute nicht vom Fliegen abgehalten. Berücksichtigen Sie auch, dass weltweite Vereinbarungen bisher die Steuerfreiheit des Kerosins garantieren. Wenn wir die Steuer im Alleingang einführen und die Kosten steigen, gefährden wir die Wirtschaftsentwicklung in Europa.

sueddeutsche.de: Also muss man sich entscheiden - entweder Wachstum und billige Flüge oder wirksamer Umwelt- und Anwohnerschutz?

Martin Bunkowski: Es ist unser Ziel, beides zu vereinbaren...

sueddeutsche.de: ...halten Sie dieses Ziel für realistisch?

Martin Bunkowski: Schwere Frage. Das Wachstum findet global statt. Was wir lokal machen können, sind technische Verbesserungen.

sueddeutsche.de: Aber die Erfahrung der letzten 30 Jahre zeigt doch, dass das Wachstum die technischen Fortschritte auffrisst.

Martin Bunkowski: Das stimmt. Mit dieser Herausforderung müssen wir uns auseinandersetzen. Bei den Triebwerken gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten, die wir realisieren wollen. Außerdem ist der Flugverkehr nicht so klimaschädlich, wie gern behauptet wird: Wir verursachen weltweit 2,2 Prozent des CO2-Ausstoßes.

sueddeutsche.de: In Deutschland sind es immerhin 2,5 Prozent, bei anhaltendem Wachstum bald das Doppelte. Außerdem schädigen die Flugzeugabgase die Atmosphäre weitaus stärker als Emissionen am Boden.

Martin Bunkowski: Das stimmt so nicht.

sueddeutsche.de: Das sagt der Weltklimarat der Vereinten Nationen.

Martin Bunkowski: Ich weiß nicht, wie die Vereinten Nationen darauf kommen, aber in der Forschung ist es umstritten, und wir stützen uns auf die Wissenschaft. Nach heutigen Erkenntnissen haben alle CO2-Emissionen die gleiche Klimawirkung, egal wo sie ausgestoßen werden. Außerdem werden die Stickoxid- und Wasserdampf-Emissionen des Luftverkehrs diskutiert, aber diese Diskussion ist noch lange nicht abgeschlossen.

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