Fitness:Wer die Wahl hat, hat die Qual

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Fitness-Studios - Versuch einer Annäherung

Super!" Hatte ich "super" gesagt? Aber die "Body Factory" verfügt doch nicht über bessere und modernere Fitnessgeräte als "fit & fun", wo ich gestern war, oder über eine fundiertere Geräteeinweisung als "Munich Health", das ich letzte Woche testete. Vielleicht war es ja der Fitness-Check am Cardiogerät mit einem für mich befriedigenden Ergebnis, der mich besonders beeindruckte. Oder der Servicebereich mit guten Infos über all die Kurs- und Trainingsangebote und über die Fitness-Drinks an der Bar. Oder waren es der aushängende U-Bahn-Fahrplan und die positiven Zeitungsartikel über die "Body Factory", die es mir angetan hatten?

(Foto: Foto: DPA)

Der gepflegte Sauna- und Wellnessbereich mit leiser klassischer Musik und Oasen der Ruhe kann es jedenfalls nicht allein gewesen sein. Denn der war auch im "Body Up Sendling" sehr ansprechend gewesen, überdies fielen dort die Fragen nach meinen bisherigen Verletzungen und nach meinen Motiven für den Studiobesuch etwas gründlicher aus, und die klassischen Muskelmänner stellten nur eine Minderheit. Mit seinen Steppern, Crossern und Laufbändern steht auch "Kieser", wo ich ganz zu Anfang war, hinter der "Body Factory" nicht zurück. "Kieser"? Aber da gibt es doch nur einen ausgetüftelten Gerätepark zum Krafttraining!

Sie sehen schon: Nach einigen Wochen im Fitnessdschungel bringt man so manches durcheinander. Und man läuft Gefahr, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Wieso zum Beispiel sollte im "Munich Health" der Umkleide- und Saunabereich ähnlich hohen Ansprüchen genügen wie in der "Body Factory", wenn das Jahres- Abo in letzterem 708 Euro kostet, in ersterem aber "nur" 490? Vieles hängt ohnehin von den eigenen, subjektiven Eindrücken ab. Warum hat etwa "fit & fun" von der Stiftung Warentest im Jahr 2003 in punkto Probetraining ein "sehr gut" bekommen, obwohl hierauf andernorts meiner Ansicht nach mehr Mühe verwendet wird?

Eines jedoch war in allen gesundheitsorientierten Fitness-Studios, die ich besuchte, gleich: Einen persönlichen Trainingsplan und eine ausführliche Geräteeinweisung gibt es erst, wenn ich Mitglied werde - und das heißt im Normalfall, wenn ich einen Vertrag für mindestens sechs Monate abschließe. Bedeutet das also letztlich, die "Katze im Sack" zu kaufen? Leider ja, denn im Gegensatz zu Unsereinem, der über ein probeweises Hineinschnuppern in die Branche nicht hinausgekommen ist, registrierten die Profis von Stiftung Warentest bei den Trainern im späteren Studio-Alltag in vielen Fällen ein starkes Nachlassen des Betreuungselans. Mit anderen Worten: Die Fitness-Jünger fühlten sich über kurz oder lang allein gelassen.

Wie nun soll man bei der Vielzahl an Studios in deutschen Großstädten dasjenige herausfinden, das einerseits objektiven Qualitätsmaßstäben genügt, das zum anderen aber auch die eigenen Bedürfnisse abdeckt? Der Deutsche Sportstudio Verband (DSSV) hat hierfür eine Liste von Empfehlungen (die so genannten goldenen Regeln) zusammengestellt: Neben der Teilnahme an einem Probetraining (es ist nicht überall kostenlos) und einer Geräteeinweisung mit individuellem Zuschnitt sollte man sich einen Überblick über die gesamte Angebotspalette des Fitness-Studios verschaffen: Kann ich außer Kraft und Ausdauertraining auch Wirbelsäulengymnastik und Aerobic machen? Gehören auch Wohlfühlkurse wie Stretch & Relax, Wellfit Yoga oder Pilates zum Programm?

Widerrechtliche Klauseln sind die Ausnahme

Schwitzen im Club. (Foto: Foto: AP)

Einer der Schwerpunkte in dem Katalog ist die Trainerqualifikation, die von Studio zu Studio unterschiedlich ist. Vom DSSV empfohlene Qualifikationen sind unter anderen Sportlehrer oder Diplomsportlehrer, Fitnesslehrer, Gymnastiklehrer, Krankengymnast und Physiotherapeut.

Als nicht minder wichtig werden die Vertragslaufzeiten erachtet. Empfohlen werden Vereinbarungen, die eine Laufzeit von sechs oder zwölf Monaten haben, um Trainingserfolge überhaupt möglich zu machen. Das Gegenargument: Wenn es mir nicht gefällt, komme ich aus dem Vertrag nicht mehr so schnell heraus. Auch eine Unterbrechung des Vertrages bei längerer Krankheit, schwerem Unfall oder Schwangerschaft sollte erlaubt sein. In der "Body Factory" und im "Body Up Sendling" durfte ich die Vertragsformulare mit nach Hause nehmen und sie mir in Ruhe durchlesen. Andere Studios halten sich da schon bedeckter: Bei "fit & fun" konnte ich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen immerhin vor Ort studieren. Der Trainer in "Munich Health" dagegen erläuterte mir nur die verschiedenen Preiskategorien mittels handschriftlicher Notizen. Dünkel? Nachlässigkeit? Wie auch immer: Die Vertragsmodalitäten in der Branche gelten mittlerweile bundesweit als recht vernünftig. Üblich (wenn auch nicht unbedingt nachvollziehbar) ist die Zahlung einer Aufnahmegebühr. Knebelverträge mit dubiosen bis widerrechtlichen Klauseln sind dagegen eher selten.

Und wenn doch einmal unzumutbare Bedingungen (zum Beispiel eine Mindestlaufzeit von zwei Jahren mit ungewöhnlich langen Kündigungsfristen) "eingekauft" werden? "Dann gibt es in Deutschland schließlich noch den sehr weit reichenden Verbraucherschutz und das außerordentliche Kündigungsrecht", sagt Birgit Schwarze, Präsidentin des DSSV. Hinsichtlich Rügen von Qualitätsmängeln oder von zu wenigen Nutzungsmöglichkeiten gilt nach ihren Worten: Je günstiger der Beitrag, Kraftdesto geringer die Leistung. Zudem: "Wer sein Studio liebt, der nimmt auch Nachteile in Kauf", ist ihre Erfahrung. Schlechte Konditionen können sich die Fitness-Studios indes kaum noch leisten. Die über viele Jahre mit kontinuierlichen Zuwachsraten verwöhnte Branche stagniert inzwischen auf relativ hohem Niveau, die Konkurrenz ist groß und die Fluktuation der Mitglieder hoch. Die Perspektiven liegen jetzt im Bereich Wellness und in der Altersgruppe 50+ - ein Segment, das mehr und mehr wächst. Wer in dem kaum noch überschaubaren deutschen Markt Orientierung sucht, dem können zumindest die vielen Gütesiegel, die in der Fitness- Branche verliehen werden, als Anhaltspunkt dienen - ob es sich um das TÜVSiegel der Rheinland Group oder das der GAB Gesundheitsakademie Berlin handelt (siehe zum Beispiel unter www.dssv.de oder speziell unter www.diebesten1000.de sowie unter www.prae-fit.de). Eines sollte man aber immer im Auge behalten: die Nähe des Studios zum eigenen Wohnort oder Arbeitsplatz. Denn was nützt mir der schönste Gesundheitstempel, wenn mich Hin- und Rückfahrt mehr Zeit kosten als das Training selbst.

© Sebastian Hepp - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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