Ende der Reise:Zucker am Zauberteppich

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Es wäre schon komisch, wenn Skigebiete dereinst nicht mangels Schnee, sondern mangels Urlaubern schließen müssten. Aber: Die tun was!

Von Stefan Fischer

Die Lust der Leute aufs Skifahren, sie ist ungebrochen. Das suggerieren die Betreiber von Skigebieten auf ihren Sonnen-Gaudi-Pulverschnee-Werbeplakaten und in ihren supercoolen Imagefilmen. Wenn über die Zukunft des Skitourismus debattiert wird, dann geht es eigentlich nur um Schneesicherheit - die ist, klar doch, so sicher wie Blüms Rente. Denn sie ist kalkulierbar. Wahrscheinlich wird es in ein paar Jahren möglich sein, irgendein Wasser-Chemikalien-Gemisch auszubringen, das auch bei einer Temperatur von 15 Grad nicht schmilzt und obendrein fotogen staubt.

Unberechenbar hingegen ist der Skitourist. Deshalb wird über ihn in all den Zukunftsszenarien öffentlich nicht so gerne gesprochen. Fakt aber ist: Die Zahl der europäischen Skiurlauber sinkt merklich. Und ob's die Chinesen durch ihre schiere Menge rausreißen, darauf will sich keiner so recht verlassen. Es wäre der Treppenwitz des Wintersports, wenn Skigebiete dereinst nicht mangels Schnee, sondern mangels Urlaubern schließen müssten. Hinter den Schneekanonen wird deshalb bang und emsig vor allem um den heimischen Nachwuchs gerungen. Wer aber glaubt, Kindern und Jugendlichen vor allem die Lust an Schussfahrten und Schanzensprüngen vermitteln zu müssen, den Keimzellen des Skifahrens, der versteht sein Handwerk nicht. Natürlich müssen die zahlenden Skitouristen der Zukunft leidlich auf Skiern, Boards oder was auch immer einen Hang hinunterrutschen können. Mehr aber auch nicht.

Entscheidend ist etwas ganz anderes: Denn so lange der Skifahrer auf der Piste ist, verdient keiner an ihm. Die horrenden Preise für die Liftkarten amortisieren gerade einmal die immensen Investitionen in Gondeln und Kunstschnee. Lukrativ wird der Winterurlauber erst, wenn er die Skier abschnallt. Nun kann man ein Grundschulkind aber nicht vor eine Goaßnmaß setzen, um es mit den Lustbarkeiten des Après-Ski vertraut zu machen. Deshalb ist ein so geeignetes wie perfides Lockmittel, um aus Heranwachsenden grölende Feierbiester zu machen, der Faschingsdienstag.

Kein Kinderland in einem alpinen Skigebiet, in dem der Zwergerlhang nicht zur Tanzfläche und der Zauberteppich zum Tollhaus wird. Party schon für laufende Meter: Auch die Kleinsten werden aus den Musikboxen animiert, die Hände zum Himmel zu recken. Klebrige Krapfen und Limonaden werden ihnen spendiert in der Hoffnung, dass die Zuckerzufuhr bei ihnen anrichtet, was später der Alkohol richten soll - vollkommene Enthemmung und die Sucht nach einer Wiederholung.

© SZ vom 23.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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