Ende der Reise:Urlaub als Kampfsport

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Ach, Mallorca. Niemand will mehr auf die schöne Insel reisen - zumindest wenn man den Hoteliers glaubt. Aber natürlich kommt es wieder ganz anders.

Von Stefan Fischer

Mühsam, unter emotionalem Schmerz, überwinden wir unsere Mallorca-Sucht. Der Entzug fällt naturgemäß schwer. Doch ist er dringend notwendig. Es war einfach zu voll im vergangenen Sommer. All die in vielen Urlauben erprobten und immer weiter verfeinerten Strategien, um an eine Liege am Pool zu kommen sowie an den schönsten Tisch im Hotelrestaurant, sie haben nicht mehr verfangen. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage war endgültig zu einem Missverhältnis geworden, die Schlacht um die Logenplätze unerbittlich und nicht mehr zu gewinnen.

Doch wie kann man vermeiden, vom Regen in die Traufe zu kommen? Die Karawane, die in diesem Sommer weiterzieht in die Türkei und nach Ägypten, sie ist voraussichtlich so lang, dass man auch dort die heißen Tage in Ölsardinen-Schichtung verbringen und abends neben der Tür zur Toilette speisen wird. Trotzdem mitziehen in diesem Strom? Oder darauf setzen, dass Mallorca womöglich doch die Verödung droht, wie sie greinende Hoteliers skizzieren, deren Häuser nur noch zu 98,3 Prozent ausgelastet sind. Ein Vabanque-Spiel, auf das man sich nicht einlassen sollte. Denn garantiert schlägt Murphys Gesetz zu. Und egal, welche Entscheidung man trifft: Es wird die falsche sein.

Nun gibt es keine Krisensituation ohne Nutznießer. In dieser Rolle würde sich die norwegische Insel Sommarøy nur zu gerne sehen. Die touristischen Voraussetzungen sind günstig: Klingt doch der Name dieser Insel in deutschen Ohren nach Hitze und Meer und Strand. Und wer sich ein bisschen informiert, findet heraus, dass die Sonne auf Sommarøy sommers zweieinhalb Monate lang nicht untergeht. Man muss sich als Urlauber also gar nicht anstrengen, um die Nacht zum Tag zu machen. Das geht automatisch. Um zusätzlich Touristen anzulocken, wurde ihnen verheißen, dass die Zeit auf Sommarøy abgeschafft werde. Ein Scherz, wie sich nun herausstellt.

Der Plan, hätte man ihn denn ernsthaft verfolgt, wäre ohnehin gewaltig nach hinten losgegangen. Der Verlust jeglichen Zeitgefühls im Urlaub mag auf den ersten Blick eine Verlockung sein. Spätestens beim zweiten Blick auf die Uhr möchte man dann aber schon exakt wissen, ob es nun an der Zeit ist, sich am All-inclusive-Buffet in die beste Startposition zu bringen.

© SZ vom 04.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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