Ende der Reise:Teppich am Hang

Lesezeit: 1 min

Wer mittelfristig noch Wintersportler anlocken möchte, muss sich was einfallen lassen. Im Vogtland wird bereits an geeigneter Auslegware geforscht.

Von Stefan Fischer

Das Handwerk, heißt es, habe goldenen Boden. Und einen flauschigen, muss man neuerdings wohl ergänzen. Zwar sehen viele in den immer umfassender dargebotenen Dienstleistungen das größte Wachstumssegment auf dem Arbeitsmarkt, speziell im Tourismus. Aber das sind, seien wir ehrlich, keine begehrenswerten Jobs: Sie sind schlecht bezahlt, die Arbeitszeiten sind mies. Und Spaß macht es auch keinen, von niederländischen oder tschechischen Junggesellen bewohnte Hotelzimmer wieder in Ordnung zu bringen oder nörgelnden Deutschen ohne Tischmanieren Kaspressknödel im Akkord zu servieren.

Der Beruf mit den besten Zukunftsaussichten im Wintertourismus ist eben doch ein handwerklicher: der des Bodenlegers. Schnee ist längst schon Mangelware und damit kein tragfähiges Fundament mehr für den Wintersport. Selbst in Süd- und Osttirol, wo man im Advent auch in Tallagen hüfthoch im Schnee gestanden hat, muss man inzwischen auf 2000 Meter hinauf für gute Skibedingungen, weil es tiefer wieder zu warm ist. Auf der Nordseite der Alpen fällt der Schnee bestenfalls krümelweise, in den Mittelgebirgen regnet es.

Noch glauben die meisten Bürgermeister, Tourismusdirektoren und Liftanlagenbetreiber in niedrig gelegenen Wintersportgemeinden, sich mit Kunstschnee in eine ertragreiche Zukunft retten zu können. Aber so wie heute kaum jemand mehr ein Wählscheibentelefon bedienen könnte, wird bald keiner mehr wissen, welch merkwürdigen Gebläse da auf den Bauhöfen zwischen Oberstdorf und Berchtesgaden verrotten.

Wer mittelfristig noch Wintersportler anlocken möchte, wird ihnen im wahrsten Sinn den Teppich ausrollen müssen. Im schneearmen Vogtland wird bereits an geeigneter Auslegware geforscht. Ein Hersteller von Transportbändern sieht einen Markt in den vielen Buckelpisten, Ziehwegen und Loipen und tüftelt an Teppichen, auf denen Ski gleiten, die bei einem Bremsmanöver nicht sofort ausfransen und denen der Regen nichts anhat. Und irgendjemand muss diese Teppiche schließlich an die Hänge nageln oder kleben, damit die Skigebiete weiterhin mit Aberhunderten Pistenkilometern werben können.

Sind alle Alpenperser und Mittelgebirgsflokatis einmal verlegt, darf eines allerdings nicht mehr passieren: Schneefall.

© SZ vom 09.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: