Ende der Reise:Irrwitzige Zeiten

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In diesem Jahr ist alles ein großes Durcheinander: Hotels sperren zu, öffnen, schließen. Wie schön waren das, als es im Urlaub noch Gewissheiten gab.

Von Stefan Fischer

Analog lässt sich eine Unterkunft auch vermitteln. Aber auf Dauer wird das allein nicht reichen. (Foto: Stefan Sauer/dpa)

Wie schön waren die Zeiten, als es noch Gewissheiten gab im Urlaub. Stets konnte man sich darauf verlassen, dass auf den Kanaren die Sonne scheint, im Stubaital Schnee liegt und die All-inclusive-Buffets in der Türkei niemals leergefegt sein würden. Und heute? Muss man damit rechnen, dass man von einem Tag auf den nächsten aus seinem Hotel hinausgeworfen wird, weil plötzlich wieder Lockdown ist. Ein sanfter, heißt es, aber gar so sanft fühlt sich dieser Tritt in den Hintern gar nicht an. Früher musste man für einen Hotelverweis wenigstens ein Zimmer in Rockstar-Manier zerlegen. Selige Zeiten.

In diesem Jahr ist alles bloß noch ein großes Durcheinander: Hotels sperren zu, öffnen wieder, schließen abermals. An den Grenzen werden die Schlagbäume heruntergelassen, dann wieder hochgezogen, aktuell gibt es Gelüste, sie wieder herabzulassen. Oder man findet sich am Urlaubsort unversehens in einem Risikogebiet wieder, ohne sich vom Fleck bewegt zu haben. Parallel dazu werden Kreuzfahrtschiffe evakuiert, neu mit Passagieren befüllt, neuerlich evakuiert. Ein Flughafen geht in Betrieb, aber es gibt kaum Flüge ...

Es ist das Paradox dieses Jahres, dass manche - nicht alle - irrwitzigen Dinge gleichzeitig vernünftig sein können. Das drückt sich nicht zuletzt in den Nominierungen für den diesjährigen Deutschen Tourismuspreis aus: Ausgezeichnet werden damit eigentlich nachhaltige Modelle, innovative Konzepte und originelle Ideen rund ums Reisen. Dinge, die Spaß machen. In diesem Jahr könnte der Deutsche Tourismuspreis an den Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern gehen: für "erfolgreiches und nachhaltiges Krisenmanagement in der Corona-Krise".

So weit ist es gekommen: Ein Virus vermiest uns seit Monaten die schönsten Wochen, bekommt hier und da sogar noch Schützenhilfe von übertourigen Politikern. Und die Tourismusverbände werden Teil des Katastrophenschutzes. Mag sein, dass sie dafür einen Preis verdient haben. Insofern: Herzlichen Glückwunsch.

© SZ vom 05.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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