Ende der Reise:Heiße Reifen, heiße Steine

Nicht nur die Urlaubs- sondern eine Menge anderer Industrien springen auf den dampfenden Zug des Wellness auf. Das könnte zum Problem für die Hotels werden, wenn die Autofahrt dorthin schon so entspannend ist.

Von Stefan Fischer

Vieles von dem, was unter dem Schlagwort Wellness landauf, landab angeboten wird, hat seine Ursprünge in Asien. Längst hat man aber auch dort nicht mehr genügend Geduld, um über Jahrhunderte oder Jahrtausende hinweg eine Kultur zu etablieren, ehe sie für touristische Zwecke genutzt und also kapitalisiert werden kann. Eine Investition muss sich rasch rentieren, und davon verstehen zum Beispiel die Autohersteller eine Menge. Einem solchen südkoreanischen Konzern verdankt die Welt das neueste Wellness-Möbel: den Autositz.

Die Entspannungsphasen im Leben der Menschen werden immer kürzer, auch die Wellness-Wochenenden. Da kann sich niemand leisten, mit verspanntem Nacken und verschobenen Wirbeln aufgrund einer mehrstündigen Anreise im SUV ins Foyer des Wohlfühlhotels zu humpeln. Die Anwendungen beginnen bereits im Wagen, dessen Rückbank keine mehr ist. An ihrer Stelle befinden sich einzelne Sessel, die über Sensoren unter anderem den Pulsschlag messen und die Beleuchtung im Fond danach ausrichten, belebend oder beruhigend, je nachdem. Konkurrenten der Südkoreaner entwickeln derweil Autositze mit integrierter Hot-Stone-Massage.

Für den Tourismus sind das heikle Entwicklungen. Dachte man bislang, dass selbst ein Kurzurlaub wenigstens zwei Übernachtungen erfordert, könnten Wellness-Tage bald so aussehen: Die Anreise erfolgt im Wohlfühl-Auto, das am Hotelparkplatz gewendet wird zur sofortigen Rückreise.

© SZ vom 03.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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