Ende der Reise:Es gibt kein Bier in Pjöngjang

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Grundsätzlich haben die Münchner nichts gegen andere Oktoberfeste weltweit. Sofern man sich an ein paar Regeln hält.

Von Stefan Fischer

Vorglühen in Nordkorea? Daraus wird nun nichts. Denn das Bierfestival, das dieser Tage in der Hauptstadt Pjöngjang prostend eröffnet werden und von da an einen Monat lang gefeiert werden sollte, ist kurzfristig abgesagt worden. Über die Gründe erfährt man nichts, wie man in Nordkorea traditionell wenig erfährt über Entscheidungsprozesse. Die erwartungsfroh gestimmte globale Biertrinkerschaft jedenfalls schaut in leere Gläser und wird demnächst auf der Wiesn in München wohl oder übel einen Kaltstart hinlegen müssen. Es sei denn, sie bucht noch schnell wenig kreativ um auf das Oktoberfest in der chinesischen Stadt Qingdao, das ebenfalls im August ansteht, oder berauscht sich an ein paar Trainingseinheiten beim international allerdings nicht anerkannten Straubinger Gäubodenfest.

Den Betreibern des originalen münchnerischen Oktoberfestes kann das nur recht sein - wenn sie es nicht sogar selbst waren, die, ihren langen Arm kraftmeierisch bis Ostasien ausgestreckt, mit dem gezielten Schlag eines monströsen Maßkrugs der nordkoreanischen Aufmüpfigkeit Bescheid gestoßen und somit klargemacht haben, wo die Sollbruchstelle ihrer Toleranz liegt. Grundsätzlich haben die Münchner ja nichts gegen die vielen anderen Oktoberfeste weltweit. Sofern man sich in der Fremde an ein paar Regeln hält. Da ist zum einen der Name: Bei Oktoberfest denkt man an München. Bei Bierfestival am Taedong-Fluss eher nicht. Das ist der erste, nicht ganz so schwerwiegende Fehler, den die Nordkoreaner gemacht haben: Sie haben dem Original nicht ausreichend gehuldigt. Der zweite, viel gravierendere: Sie wollten ihr Bier, das Kennern zufolge sehr schmackhaft ist und deshalb wohl gut reinläuft in die Trinkerkehlen, zu Spottpreisen verkaufen. Ob aber in den USA, Brasilien oder Indien - überall gilt: Im Bierzelt lauert allenthalben die Abzocke. Das Oktoberfest ist schließlich ein Premiumprodukt und kostet den Besucher einen Premiumpreis. In Pjöngjang aber kommt das Bier für Centbeträge auf den Tisch. Wenn der Nordkorea-Tourismus, wie von der Kim-Dynastie prophezeit, demnächst richtig in Schwung kommt, wäre das womöglich das Ende für die Wiesn. Weil man für den Preis eines Vollrausches in Pjöngjang sich in München noch nicht einmal anschickern kann.

Doch was passiert jetzt mit dem nordkoreanischen Bier, das natürlich längst gebraut ist? Es würde nicht wundern, wenn sich demnächst ein paar Tankschiffe im Auftrag bayerischer Brauereien in Bewegung setzen, über die Chinesische See in Richtung Isar. Und die globale Biertrinkerschaft doch noch in den Genuss des Bieres aus Pjöngjang kommt. Als billige Beimischung zur bayerischen Braukunst. Darauf ein Prosit der Gemütlichkeit.

© SZ vom 03.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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