Ende der Reise:Ein Bett am Bürgersteig

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So viele Touristen! Wo soll man sie denn alle unterbringen? Da gibt es mittlerweile recht kreative Ansätze, vom Container bis zum Bett im Weinberg.

Von Stefan Fischer

Wohin mit den vielen Touristen? Darauf wissen die Bewohner in immer mehr Städten, auf immer mehr Inseln keine Antwort. Noch mehr Hotels zu bauen, kann nicht die Lösung sein. Woraus auch? Sand wird knapp, eben weil auf der ganzen Welt so viel gebaut wird. Von einer Sand-Mafia ist mittlerweile die Rede, sie plündert Strände zum Schaden der Urlauber. Jeder Kubikmeter Beton, der an einem Reiseziel verbaut wird, untergräbt dort insofern das wirtschaftliche Fundament. Denn die Urlauber wollen schließlich nicht nur ein Quartier, sie wollen auch Sandstrände. Nicht einmal mehr die Großstädte kommen aus ohne einen hippen Partystrand am Ufer des städtischen Rinnsaals. Wird an den Stränden der Sand abgetragen bis auf den nackten Fels darunter, zieht die Urlauber-Karawane mit verschorften Gesäßen weiter. Zu wenig Touristen sind aber noch schlimmer als zu viele.

Wohnungen an Gäste zu vermieten anstatt an die Bewohner, ist längst auch nicht mehr opportun. Insofern steckt durchaus Potenzial in einem Betrugsversuch, der sich in Amsterdam zugetragen hat: Unbekannte haben dort zwei Schiffscontainer auf einen Bürgersteig gestellt und über eine Buchungsplattform an Touristen vermietet - unter Verheimlichung einiger Details, darunter jenes, dass es sich eben um Container handelt, die auf einem Bürgersteig stehen.

Der öffentliche Raum bietet jedoch große Chancen. Man muss es den Leuten nur richtig verkaufen. Touristen, zumal deutsche, wollen sich nicht übers Ohr gehauen, sondern exklusiv behandelt fühlen. In Italien hat ein Winzer soeben ein Himmelbett in seinen Weinberg gestellt. Abends gibt es eine kalte Platte, zum Frühstück ein Hörnchen, für die Dusche sorgt der Morgentau. Macht zusammen Minimum 250 Euro.

Ein schlichter Vorhang, schon kann jedes städtische Verkehrsunternehmen die nachts ohnehin nicht angefahrenen Bushäuschen an Touristen vermieten, für die nur das Besondere gut genug ist, und so sein Defizit ausgleichen. Der Auf- und Abbau von Weihnachtsmarktbuden wird überflüssig, auch Bierzelte können ganzjährig stehen bleiben. Dumm nur, dass längst nahezu alle Telefonzellen abgebaut worden sind.

© SZ vom 16.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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