Elektronische Reisepässe:Zwei Finger für mehr Sicherheit

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Wer ab dem 1. November einen neuen Reisepass beantragt, muss sich dafür zwei Fingerabdrücke abnehmen lassen. Datenschützer sind nicht begeistert.

Die zweite Generation elektronischer Reisepässe soll neben Name, Geburtsdatum und einem biometrisch erfassbarem Passfoto auch Fingerabdrücke enthalten.

(Foto: Foto: ddp)

Wie ein Schwerverbrecher muss sich bei der Grenzkontrolle aber auch künftig niemand fühlen: Die Fingerabdrücke werden nur auf einem Chip gespeichert, im Pass selbst sind sie nicht zu sehen.

Reisepässe mit Chip gibt es in Deutschland bereits seit November 2005. Der winzige Datenträger wird in den vorderen Umschlagdeckel eingearbeitet und ist mit dem bloßen Auge nicht erkennbar. Bisher wurden darauf die üblichen Passdaten und ein digitales Lichtbild gespeichert. Als zweites biometrisches Merkmal sollen ab November nun auch die beiden Zeigefinger des Passinhabers eingescannt werden.

Die neue Technik soll den Reisepass noch sicherer machen. Anhand der maschinell überprüfbaren biometrischen Daten sollen die Grenzbeamten bei der Einreise eindeutig feststellen können, ob Pass und Person wirklich zusammengehören: Terroristen oder Kriminelle sollen künftig weder mit einem gefälschten Dokument, noch mit dem echten Pass einer anderen Person einreisen können. "Die Sicherheit hat sich um Quanten erhöht", meint Matthias Merx von der Bundesdruckerei in Berlin, wo die deutschen Pässe und Personalausweise hergestellt werden.

Die Fingerabdrücke werden elektronisch erfasst - ohne Stempelfarbe oder andere Hilfsmittel. Der Antragsteller muss seine beiden Zeigefinger lediglich auf einen kleinen Scanner legen. Wer mit einer eingegipsten Hand zur Meldebehörde kommt, bekommt zunächst nur einen vorläufigen Reisepass ohne Chip. Bei schwerwiegenderen Verletzungen oder Behinderungen können auch andere Finger als die Zeigefinger eingescannt werden - zur Not entfallen die Fingerabdrücke ganz.

"Die Aufnahme der Fingerabdrücke dauert in der Regel zweieinhalb Minuten", erklärte Martin Schallbruch, IT-Direktor im Bundesinnenministerium. Die Bearbeitungszeit soll ab November sogar kürzer werden: Die Meldebehörden schicken die erfassten Daten künftig nicht mehr per Post an die Bundesdruckerei - sie werden nur noch elektronisch übermittelt.

Mit technischen Problemen und aufgeregten Bürgern, die die Abgabe der Fingerabdrücke verweigern, rechnen die Behörden nicht. Ein erster Testlauf sei sehr erfolgreich verlaufen, berichtet Schallbruch. 28 Meldeämter testeten im Sommer mit freiwilligen Versuchspersonen, ob Scanner und Computerprogramme funktionieren.

"Die Abnahme der Fingerabdrücke verlief weitgehend reibungslos", erzählt Schallbruch. "Die Bürgerinnen und Bürger sind sehr gelassen damit umgegangen."

Datenschützer hatten sich zuvor gegen die Aufnahme der Fingerabdrücke zur Wehr gesetzt: Besonders umstritten war, inwieweit die digitalen Daten auch für die Sicherheitsbehörden verfügbar gemacht werden sollen. Eine Speicherung der Fingerabdrücke in den örtlichen Passregistern sieht das neue Passgesetz nun allerdings nicht vor. Nach der Herstellung des Passes werden die Daten gelöscht.

Komplizierte technische Sicherheitsmechanismen sollen außerdem verhindern, dass Unbefugte auf die Daten zugreifen können: Sie können nur mit bestimmten Lesegeräten sichtbar gemacht werden. "Zum Auslesen der Fingerabdrücke braucht jedes Gerät ein Berechtigungszertifikat", erklärt Schallbruch. Nur Staaten, die von Deutschland spezielle, zeitlich befristete Zugangsberechtigungen erhalten, können auf die Fingerabdrücke im Chip zugreifen.

Die Daten können auch nicht aus größeren Entfernungen gelesen werden. Die Reichweite der Lesegeräte betrage maximal zehn Zentimeter, erklärt Cord Bartels, Manager beim Chiphersteller NXP.

"Sie müssen den Pass schon bewusst aus der Tasche nehmen und an ein Lesegerät heranführen", sagt der Chip-Experte. "Es ist auch nicht möglich, dass der Pass von sich aus sendet." Kopiert, verändert oder gelöscht werden können die Daten ebenfalls nicht: Jeder Chip wird elektronisch versiegelt.

Pass wird nicht teurer

Teurer wird der Reisepass durch die Einführung der Fingerabdrücke nicht. Ein zehn Jahre gültiger Pass kostet weiterhin 59 Euro. Für einen sechs Jahre gültigen Pass, der für Personen unter 24 Jahre ausgestellt wird, beträgt die Gebühr 37,50 Euro.

Alle bereits ausgegebenen Pässe behalten ihre vorgesehene Gültigkeit. Ein vorzeitiger Umtausch ist also nicht nötig. Neben den regulären Pässen wird es weiterhin vorläufige Pässe und Kinderreisepässe geben. Ein elektronischer Pass mit Fingerabdrücken wird in der Regel für Jugendliche ab zwölf Jahren ausgestellt. Nur auf den ausdrücklichen Wunsch der Eltern wird für ein kleineres Kind ein elektronischer Pass ausgestellt. Kindern unter sechs Jahren werden allerdings auch dann keine Fingerabdrücke abgenommen.

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