Bedrohung für Kreuzfahrtschiffe:"Piraten sind eine deutliche Gefahr"

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Nach der Entführung einer Kreuzfahrtyacht bei Somalia ist die Gefahr, die von Piraten ausgeht, wieder zum Thema geworden. Wie groß ist die Bedrohung für Touristen?

Johanna Simon

Professor Rüdiger Wolfrum, Präsident des Internationalen Seegerichtshofs in Hamburg, erklärt, wie groß die Bedrohung für Kreuzfahrtschiffe ist.

30 Besatzungsmitglieder waren vor der somalischen Küste entführt worden. (Foto: Foto: dpa)

SZ: Wird die Gefahr, die von Piraten ausgeht, hochgespielt?

Wolfrum: Nein, Piraten sind eine deutliche Gefahr. Die Zentren der Piraterie sind nach Daten der International Maritime Organization vor allem die Gewässer um Indonesien und Malaysia, das Horn von Afrika und vereinzelt die Karibik.

SZ: Wurde seit Bestehen des internationalen Seegerichtshofes schon mal ein Fall von Piraterie verhandelt?

Wolfrum: Nein, denn an dem Gerichtshof werden nur zwischenstaatliche Fälle verhandelt. Aber wenn es in dem Fall der gekaperten französischen Yacht vor der somalischen Küste zu einem möglichen Streit zwischen Frankreich und Somalia käme, in dem Frankreich Somalia als Vertragsstaat vorwirft, nicht genug gegen die Piraten getan zu haben, wäre dies womöglich ein Fall für unser Gericht.

SZ: Sind Piraten denn überhaupt in der Lage, ein großes Kreuzfahrtschiff zu kapern?

Wolfrum: Piraten haben Schnellfahrtschiffe und moderne Waffen. Kreuzfahrtschiffe haben keinerlei Möglichkeiten, sich gegen Piraten zur Wehr zu setzen.

SZ: Was ist mit Sicherheitspersonal oder akustischen Waffen?

Wolfrum: Mit dem Einsatz von Waffen muss ein Kreuzfahrtschiff vorsichtig sein, sonst riskiert es den Verlust von vielen Menschenleben. Einige englische Reedereien haben geschultes Personal an Bord, teilweise Gurkhas aus dem indischen Himalaya, aber auch hier besteht die Gefahr einer Eskalation. Ob eine akustische Waffe immer die gewünschte Abschreckung erzielt, ist fraglich. Einzig wirksamer Schutz ist eine Fahrt im Konvoi.

SZ: Wie kann man dann gegen Piraten vorgehen?

Wolfrum: Nur durch deutlich stärkeren Druck auf Staaten, von deren Küsten aus Seeräuber agieren. Als islamische Schariagerichte die Piraten in Somalia bekämpft haben, hat die Zahl der Überfälle stark abgenommen. Seitdem diese Gerichte entmachtet wurden, nehmen die Vorfälle offenbar wieder zu. SZ: Sie haben auch auf die Gefahr, die der Schifffahrt durch Terroristen droht, hingewiesen. Wie sieht diese aus?

Wolfrum: Mit Schiffen wäre ein Anschlag noch leichter möglich als mit Flugzeugen. Ich glaube, dass Tanker aber das bevorzugte Ziel von Terroristen wären. Man stelle sich einen Anschlag auf einen Erdöltanker in der Straße von Malakka vor. Das hätte verheerende Folgen. Auf Kreuzfahrtschiffen wiederum wäre der Verlust an Menschenleben besonders hoch. Es gab bereits einen Fall, als das Kreuzfahrtschiff Achille Lauro 1985 von einem palästinensischen Kommando überfallen wurde und es einen Toten gab. Auch die Häfen, die von Kreuzfahrtschiffen angelaufen werden, sind gefährdet. Diese können kaum geschützt werden, da die Einschränkungen bei umfassenden Kontrollen enorm wären. Es muss wohl erst etwas passieren, damit reagiert wird.

© SZ vom 17.04.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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