Arnis:Reise nach Miniland

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Warum besuchen Touristen Arnis, die kleinste Stadt Deutschlands?

Keine Kleinstadt ist kleiner: Beschaulichkeit ist in Arnis an der Schlei angesagt. Massentourismus kennt die mit 353 Einwohnern kleinste Stadt Deutschlands unweit von Kappeln (Kreis Schleswig-Flensburg) nicht.

Radfahrer machen Pause in Arnis. (Foto: Foto: dpa)

Meist sind es Spontan- Besucher, Radwanderer, Segler und andere Freizeit-Skipper, die den Ort ansteuern. Er liegt idyllisch auf einer Halbinsel in der lang gezogenen Ostseebucht. Seit gut 70 Jahren darf sich Arnis offiziell "Stadt" nennen. Der Titel "Bad" ist sogar rund 100 Jahre alt.

Autofahrer parken ihren Wagen brav auf einem zentralen Platz am Stadteingang, um anschließend den Rundmarsch um und durch die maritime Ministadt anzutreten.

Nur ein knappes Stündchen

Der Spaziergang an den Ufern entlang, vorbei an vier traditionsreichen kleinen Werften, an der Fähre und dem Kirchlein von 1669, dann über die Hauptstraße, dauert nur ein knappes Stündchen.

Holländer bauten einst das nordfriesische Städtchen an der Eider. "Sieht aus wie ein holländische Straße", kommentiert der von Arnis "positiv überraschte" Urlauber Walter Jung aus Kreuztal bei Siegen (Nordrhein-Westfalen).

"Niedlich und nett" finden Feriengäste wie Elisabeth und Ernst-Peter Thormann die schmucken 110 Häuser entlang der Langen Straße. Das ist die blitzsaubere, mit schattigen Alleebäumen bepflanzte Flaniermeile von Arnis mit ihren historischen Kapitäns- und Fischerhäusern.

"Ein bisschen erinnert es an Friedrichstadt", sagt das Ehepaar aus Monheim bei Düsseldorf. Rund 7000 touristische Übernachtungen zählt die Kleinststadt jährlich.

Zum Vergleich: 2,5 Millionen Gästenächte hat die Sylter "Hauptstadt" Westerland bei nur 10.000 Einwohnern. Zu den Einwohnern in Relation gesetzt sind es auf der Nordseeinsel ein Dutzend Mal so viele Übernachtungen wie in Arnis.

Am Himmel abchecken

"Bei gutem Wetter und jetzt in der Hochsaison habe ich Hochbetrieb", sagt aber Gastronom Hans-Werner Broderius. "Ich schaue aber immer erst zum Himmel, um abzuchecken, ob ich eine Torte mehr vorbereiten muss", lacht der 55-Jährige.

Er besitzt das Traditions-Restaurant "Zur Schleiperle". Direkt an der Terrasse des Gasthauses machen unterdessen zwei Segelboote fest, und die Crews landen mit einem Schritt im Lokal. Das Haus steht seit 105 Jahren auf Stelzen in der Schlei.

Einmal, im Jahr 1995, wurde es von zwei Kränen komplett hoch gehievt, um 57 neue Pfähle, jeder 18 Meter lang, als hölzernes Fundament für die nächsten 100 Jahre in den Grund der Ostsee-Förde Schlei zu rammen.

Wie die Wirte von drei weiteren Restaurants erhält "Schleiperle"-Koch Broderius die fangfrischen Fische, wie Schlei-Butt, Aale und Heringe, von Fischer Heinrich Wiese. Der 86-Jährige wirft jeden Abend seine Netze aus, um sie frühmorgens einzuholen. Des Fischers Frau, Lotti Wiese, ist die Bürgervorsteherin.

Sehr gutes eisenhaltiges Wasser

Die Stadt wird von der Amtsverwaltung Kappeln-Land verwaltet, sie hat aber einen kleinen Stadtrat und selbstverständlich einen Bürgermeister, Jan-Willi Degen. "Es gibt eine Quelle mit sehr gutem, eisenhaltigem Wasser", erklärt er das schmückende Attribut "Bad". Das hat lediglich Traditionswert und ist kein Prädikat nach Heilbädervorschriften.

Eine zweite Begründung ist, dass die frühere Arnisser "Badeanstalt" außer unzähligen Bauernjungen um 1905 auch erste Gäste aus Hamburg anlockte. Wegen dieser feineren Badegäste fiel fortan der Begriff "Anstalt" einfach weg - mit stillschweigender Zustimmung der damaligen Behörden.

Wer in Arnis dauerhaft leben möchte, kann eine Wohnung über eine sehr spezielle Internetseite kaufen: Unter dem Prädikat "Mini" offerieren pfiffige Internet-Händler (www.king-of-mini.de) alles an, was möglichst klein ist. Wohnungen im Schleistädtchen sind natürlich dabei.

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