Zuwanderungsstreit in Bundesregierung:SPD verstimmt über harte Haltung der Grünen

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Die SPD hat eine Resolution des Grünen-Länderrats kritisiert, wonach der kleine Koalitionspartner keinen weiteren Verhandlungs-Spielraum mit der Union sieht. Ein wichtiger Streitpunkt: Der Umgang mit Terrorverdächtigen

Von Nico Fried und Susanne Höll

"Ich halte es immer für problematisch, rote Linien zu ziehen", sagte der Innen- und Rechtsexperte der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, der Süddeutschen Zeitung. "Damit berücksichtigt man zu wenig die mögliche Dynamik von Verhandlungen." Er sei der festen Überzeugung, dass ein gemeinsames Zuwanderungsgesetz der Koalition mit der Opposition noch gelingen könne. 90 Prozent der Fragen seien bereits geklärt. "Es wird nur dann nicht zustande kommen, wenn auf beiden Seiten überzogen wird", sagte Wiefelspütz an die Adresse von Union und Grünen.

In Regierungskreisen hieß es, Bundeskanzler Gerhard Schröder werde in dieser Woche der Opposition offiziell das Angebot zu einem Gespräch unterbreiten. Wiefelspütz deutete an, dass die Position der Koalition nun vorrangig vom Kanzleramt geklärt werden soll.

"Was der Kanzler sagt, werde ich jedenfalls nicht noch einmal stundenlang mit Volker Beck besprechen", sagte er mit Blick auf den Verhandlungsführer der Grünen. Im Beschluss ihres kleinen Parteitags zur Zuwanderung weisen die Grünen hingegen nachdrücklich darauf hin, dass sie einem Kompromiss "nicht um jeden Preis zustimmen" werden. Sie behalten sich also eine Ablehnung vor.

Schily beharrt auf Sicherungshaft

Wichtiger Streitpunkt bleibt dabei der Umgang mit Terrorverdächtigen. "Eine überzogene, unverhältnismäßige und zum Zweck der Terrorabwehr nicht erforderliche Verschärfung des Ausweisungsrechts können wir nicht mittragen", heißt es in dem Beschluss. Innenminister Otto Schily (SPD) beharrte hingegen darauf, dass über eine Sicherungshaft für als gefährlich eingestufte Ausländer, die aus humanitären Gründen nicht aus Deutschland abgeschoben werden können, gesprochen werden müsse.

Die Union, die bei einem Scheitern der Gespräche nicht als die Schuldige dastehen möchte, wies Rot-Grün vorsorglich die Verantwortung für diesen Fall zu. Der Verhandlungsführer der CDU/CSU, Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU)verwies wie andere Spitzenpolitiker der Union auf rot-grüne Differenzen in Sicherheitsfragen und forderte, spätestens beim Spitzentreffen müsse der Kanzler genau sagen, wozu die Koalition bereit sei. "Ansonsten wird das eine Alibiveranstaltung für einen Ausstieg aus dem Projekt", sagte er der SZ.

CSU-Chef Edmund Stoiber äußerte sich skeptisch zu den Chancen eines Konsenses. "Mit der SPD wären wir sehr schnell bei einer Lösung, mit Grün wird das wohl nicht gehen." Ähnlich äußerte sich Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU): "Ich sehe nur sehr geringe Chancen, denn die Grünen haben sich ja nicht in der Sache bewegt", sagte Beckstein.

© SZ vom 10.05.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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