Zugunglück in Nordkorea:Die Hilfe hat es schwer

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Behindert durch die spärliche Informationspolitik der nordkoreanischen Führung läuft die internationale Hilfe nach der schweren Explosion auf dem Bahnhof Ryongchon an. Die Zahl der Toten stieg auf mindestens 161.

Aus China brachten Lastwagen Nahrung und Baumaterial in die Stadt im Norden des Landes. Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und die Welthungerhilfe begannen mit der Verteilung von Essen, Decken und Medikamenten. Ein internationaler Rot-Kreuz-Sprecher kritisierte die dürftigen Angaben der nordkoreanischen Behörden zur Katastrophe.

Erst Tage nach dem Unglück wurden Bilder der Unfallstelle veröffentlicht. (Foto: Foto:)

Das DRK versorgte die Bedürftigen unter anderem mit Kochsets und Tabletten zur Wasserreinigung. Zudem kündigte es eine Verstärkung seines Engagements bei Katastrophenschutz und Medizinversorgung in Nordkorea an. Die Welthungerhilfe begann nach eigenen Angaben damit, die rund 10.000 Menschen obdachlos gewordenen Menschen mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Nach Hilfsangeboten der USA, Russlands, Südkoreas und der EU kündigte am Sonntag auch Japan die Lieferung von Medikamenten an.

Prekäre medizinische Infrastruktur

John Sparrow von der Internationalen Föderation des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds sagte in Peking, die Behördenangaben zu den Verletzten seien "ungenügend". Deshalb seien weitere Erkundigungen notwendig. Angesichts der prekären medizinischen Infrastruktur müsse vor allem in Erfahrung gebracht werden, ob die Verletzten ausreichend versorgt würden.

Eine Sprecherin des UN-Kinderhilfswerks (UNICEF) in Nordkorea kündigte an, die Hilfsorganisationen würden "in den kommenden Tagen" noch einmal in das Unglücksgebiet reisen. Gebraucht würden Informationen zur Versorgung der Verletzten, aber auch zu langfristigen Maßnahmen zum Wiederaufbau, sagte Pierrette Vu Thi.

30.000 Menschen betroffen

Eine Gruppe von ausländischen Diplomaten und Vertretern von Hilfsorganisationen war am Samstag an den Unglücksort nahe der chinesischen Grenze gereist. Sie durfte jedoch nur einige Stunden bleiben. Das Krankenhaus der Nachbarstadt Sinuji durften die ausländischen Vertreter nicht besuchen. Dort sollen rund 360 Schwerverletzte liegen.

Offiziellen Angaben aus Pjöngjang zufolge wurden bei der Explosion 76 Kinder getötet. Etwa 1300 Menschen wurden demnnach verletzt, fünf weitere wurden noch vermisst. Rund 30.000 Menschen seien von der Katastrophe betroffen, fast 2000 Häuser seien zerstört oder beschädigt worden.

Der Bahnhof von Ryongchon und seine Umgebung seien "dem Erdboden gleichgemacht", sagte Rot-Kreuz-Sprecher Sparrow. Ein Vertreter der Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtete, in Ryongchon seien die Gebäude im Umkreis von 400 bis 500 Metern "völlig zerstört oder schwer beschädigt" worden. Noch in zehn Kilometern Entfernung seien durch die Wucht der Explosion die Fensterscheiben zu Bruch gegangen. Zum Zeitpunkt des Unglücks hätten gerade die Kinder einer 300 Meter entfernt gelegenen Grundschule das Gebäude verlassen.

Einige seien bereits auf dem Weg nach Hause gewesen, andere seien in dem einstürzenden dreistöckigen Gebäude begraben worden.

Ein riesiger Feuerball

Sparrows Kollege Niels Juel sagte, die ausländischen Vertreter hätten den Eindruck "einer gewaltigen Zerstörung in dem Gebiet" gewonnen. "Es muss einen Feuerball gegeben haben, durch den viele Gebäude im Umkreis von mehreren hundert Metern abbrannten". Der britische Botschafter in Nordkorea, David Slinn, berichtete von einem 40 bis 50 Meter breiten und langen Krater im Boden.

Nach nordkoreanischen Regierungsangaben wurde die Explosion durch einen Unfall beim Rangieren verursacht. Demnach stieß ein Öltankwagen mit zwei mit Ammoniumnitrat-Dünger beladenen Waggons zusammen. Als dabei ein Strommast umgerissen wurde, habe es einen Kurzschluss gegeben. Am Samstag erfuhr auch die nordkoreanische Bevölkerung von dem Unglück: Die amtliche Nachrichtenagentur KCNA berichtete von einer "sehr schweren" Explosion. Opferzahlen wurden in dem Bericht jedoch nicht genannt.

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