Zu Gast bei "Sabine Christiansen":Köhler für Direktwahl des Bundespräsidenten

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Bundespräsident Köhler hat sich für eine Direktwahl des Staatsoberhaupts durch das Volk ausgesprochen. Allgemein fordert er mehr Elemente der direkten Demokratie in Deutschland.

Bundespräsident Horst Köhler ist für eine Direktwahl des Staatsoberhaupts durch das Volk. "Ich glaube, dass es kein schlechtes Modell wäre, den Bundespräsidenten direkt zu wählen. Vielleicht sogar nur für eine Periode von sieben oder acht Jahren", sagte Köhler am Sonntagabend in der letzten ARD-Sendung "Sabine Christiansen".

Damit könne auch "das Gerangel um die Wiederwahl, das immer auch koalitionspolitische Elemente hat, ein bisschen eingeschränkt" werden. Köhler sprach sich allgemein dafür aus, "auch in Deutschland mehr Elemente der direkten Demokratie möglich zu machen". So solle Deutschland über die vom EU-Gipfel in Brüssel beschlossene Einführung eines europäischen Volksbegehrens nachdenken.

Zu einer möglichen Kandidatur für eine zweite Amtszeit als Bundespräsident im Jahr 2009 sagte Köhler: "Ich habe gesagt, ein Jahr etwa vor dem Ende der Amtszeit werde ich meine Entscheidung bekannt geben. Das lassen wir auch bis dahin warten."

Köhler forderte von der Politik Maßnahmen zur Beteiligung von Arbeitnehmern an Unternehmen und deren Gewinnen. "Hier ist mir die Politik auch noch viel zu zögerlich", sagte der Bundespräsident. Es müsse unbedingt damit begonnen werden, den Beschäftigten eine zweite Einkommensquelle durch die Beteiligung am Unternehmensertrag oder am Produktivvermögen zu verschaffen.

Forderung nach mehr Bildungschancen

Den von der SPD geforderten gesetzlichen Mindestlohn bezeichnete Köhler als "nicht unbedingt das wichtigste Thema, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht". Für ihn sei das Wichtigste: "Schafft Gerechtigkeit bei den Bildungschancen."

Hier habe sich "eindeutig noch nicht genug geändert". Die Chancen eines Arbeiterkindes zu studieren seien eklatant geringer als die eines Akademikerkindes. Dies gelte auch für Kinder von Zuwanderern, deren Talente dringend gebraucht würden. "Wir haben in Deutschland die Integration von Zuwanderern verschlafen", kritisierte Köhler.

Das Staatsoberhaupt plädierte zudem für eine Vereinfachung des Steuerrechts. Nur auf der Basis eines einfacheren Steuersystems, das der Bürger auch verstehen könne, werde sich auch die Steuerzahlerkultur verbessern.

Offen ließ Köhler seine Haltung zu einem möglichen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union (EU). "Ein kleiner Zipfel der Türkei liegt auf dem europäischen Kontinent. Die Türkei ist ein anderer Kulturkreis. Das ist erstmal ein Fakt", sagte der Bundespräsident auf eine entsprechende Frage.

Mörder, aber Mensch

Köhler äußerte sich zudem zu seiner Entscheidung Anfang Mai, das RAF-Mitglied Christian Klar auch nach über 24 Jahren Gefängnis nicht zu begnadigen. "Christian Klar war ein gnadenloser Mörder", sagte das Staatsoberhaupt.

Eine Gnadenentscheidung sei immer eine Gesamtabwägung, die mit der Beurteilung des Antragstellers und seiner Entwicklung in der Haft beginne. Auch die Auswirkung auf den Rechtsfrieden sei zu berücksichtigen. Als das "Getöse um die Entscheidung" zugenommen habe, sei ihm auch klar geworden, dass er ein persönliches Gespräch mit Klar führen müsse.

"Auch wenn er ein gnadenloser Mörder ist, betrachte ich ihn immer noch als Mensch", sagte Köhler. Zum Gnadengesuch von Birgit Hogefeld, die seit fast 14 Jahren im Gefängnis sitzt, wollte er sich nicht äußern. "Alles zu seiner Zeit", sagte Köhler dazu lediglich.

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