Zerstörung des syrischen Arsenals:USA bezweifeln Vollständigkeit von Assads Chemiewaffen-Liste

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700 Seiten lang ist Syriens Chemiewaffen-Liste. Doch dass sie tatsächlich das gesamte Arsenal aufführt, bezweifeln Diplomaten, allen voran die USA. Schließlich habe der syrische Machthaber Assad schon oft Versprechen gebrochen. Er könnte Chemiewaffen zurückhalten wollen.

Die USA misstrauen der von Syriens Staatsführung bereitgestellten Liste ihres Chemiewaffenarsenals. Auf deren Basis sollen internationale Experten die gefährlichen Kampfmittel und deren Produktionsstätten unschädlich machen.

Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen in New York, Samantha Power, begründete die Skepsis mit bisherigen Erfahrungen im Umgang mit Machthaber Baschar al-Assad. Diplomaten anderer westlicher Staaten äußerten ebenfalls "starke Zweifel" an der 700 Seiten langen Liste aus Damaskus, die der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) übergeben worden war. Offenbar sei Assad bestrebt, einen Teil des Chemiewaffenarsenals zu erhalten.

Nach den Beratungen zur Chemiewaffenproblematik im UN-Sicherheitsrat sagte Power: "Es muss noch mehr getan werden, um sicherzustellen, dass die Aufstellung der syrischen Regierung vollständig ist". Experten seien noch immer damit beschäftigt, die "extrem technischen" Angaben aus Damaskus zu überprüfen. Power verwies auf die "jahrelangen Verschleierungstaktiken und die Vielzahl gebrochener Versprechen in diesem Bürgerkrieg".

Die Zerstörung des syrischen Chemiewaffenarsenals unter internationaler Aufsicht ist eine Reaktion auf einen Giftgas-Angriff, der am 21. August bei Damaskus verübt wurde. Bei diesem Angriff, für den Washington Assads Führung verantwortlich machte, wurden nach Angaben der syrischen Opposition etwa 1300 Menschen getötet. Der in der Folge zwischen Russland und den USA vereinbarte Abrüstungsplan sieht die Vernichtung aller syrischen C-Waffen bis Ende Juni 2014 vor.

Chronologie der Ereignisse in Syrien
:Wie sich Assad an der Macht hält

Mit Hoffnung auf Reformen begannen nach den Umwälzungen in Tunesien und Ägypten im Jahr 2011 die Proteste in Syrien. Doch der Konflikt zwischen Oppositionellen und Präsident Assad ist zum Bürgerkrieg geworden. Gekämpft wird auch mit Giftgas. Die Vernichtung seiner Chemiewaffen könnte Assad vor einem Militärschlag der USA bewahren. Die Eckpunkte des Konflikts im Überblick.

Nach Ansicht der OPCW sollen Syriens Chemiewaffen außerhalb des Landes vernichtet werden. Angesichts des Konfliktes sei dies die am besten zu realisierende Option, erklärte der Generaldirektor der OPCW, Ahmet Üzümcü, in Den Haag.

Eine syrische Delegation traf nach Angaben der Organisation vom Mittwoch in Den Haag ein, um über die geplante Zerstörung der rund 1000 Tonnen Chemiewaffen zu beraten. Der von Syrien vorgelegte Plan werde nun ausgearbeitet und soll am 15. November vom Exekutivausschuss der OPCW verabschiedet werden.

Mehrere Tote nach Bombenanschlag in Damaskus

Die Aufständischen in Syrien haben offenbar ein riesiges Waffenlager in der Provinz Homs erobert. "In den frühen Morgenstunden gelang es uns, das Arsenal in Muhin einzunehmen", bestätigte Luai al-Mokdad, der Sprecher der Rebellenarmee FSA. Das Waffenlager der Streitkräfte des Machthabers Baschar al-Assad ist das zweitgrößte seiner Art in Syrien. Das staatliche syrische Fernsehen berichtete von den Kämpfen um das Arsenal, teilte aber keine Einzelheiten mit.

Bei der Explosion einer Bombe im Zentrum der syrischen Hauptstadt Damaskus sind am Mittwoch acht Menschen getötet worden. Nach einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Sana detonierte die Bombe auf dem Hedschas-Platz im Herzen der Metropole. Wer für den Angriff verantwortlich ist, ließ der Bericht offen.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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