Yasiin Bey:Rapper protestiert mit Schock-Video gegen Zwangsernährung

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Kein Film für schwache Nerven: Yasiin Bey, früher bekannt als Rapper Mos Def, lässt zum Beginn des Fastenmonats Ramadan in einem Selbstversuch die schmerzhafte Prozedur der Zwangsernährung über sich ergehen. So, wie es Häftlinge im Gefangenenlager Guantánamo jeden Tag erleben.

Von Tobias Dorfer

Mehr als 150 Menschen werden derzeit im US-Gefangenenlager Guantánamo Bay auf Kuba festgehalten. Ohne Prozess sitzen die Terrorverdächtigen ein, manche auf unbestimmte Zeit. 120 von ihnen protestieren derzeit mit einem Hungerstreik gegen diese Behandlung. Damit sie nicht sterben, werden aktuell 44 Gefangene zwangsernährt - auch während des islamischen Fastenmonats Ramadan.

Der Rapper Yasiin Bey, früher bekannt als Mos Def, hat diese Prozedur nun in einem Video der britischen Menschenrechtsorganisation Reprieve nachgestellt. Der Film ist nichts für schwache Nerven. Er zeigt, wie Bey - gekleidet in einen orangefarbenen Gefangenenanzug - auf einem Behandlungsstuhl festgegurtet wird. Dann folgt die von Menschenrechtlern als brutal kritisierte Standard Operation Procedure, deren Ablauf vor einigen Monaten im TV-Sender al-Dschasira anhand exklusiver Militär-Dokumente detailliert beschrieben wurde.

Yasiin Bey wird in dem Film ein Plastikschlauch über die Nase in die Speiseröhre geschoben. So wird ihm eine Nährlösung in den Körper eingeführt. Als die zweite Spritze vorbereitet wird, windet sich der Rapper, verzieht das Gesicht und stößt Schmerzschreie aus. "Stop it please", ruft er. Dann berichtet er mit Tränen in den Augen von den Schmerzen, die durch die Prozedur in seinem Gehirn und seinem Hals ausgelöst worden seien.

Zwei Mal pro Tag werden die Häftlinge auf diese schmerzhafte Weise zwangsernährt, heißt es in dem Video. Die Prozedur kann bis zu zwei Stunden dauern. Der knapp viereinhalbminütige Film wurde vom preisgekrönten Regisseur Asif Kapadia gedreht. Yasiin Bey schließt mit den Worten: "Peace and Good Morning."

Die Methoden, mit denen die Guantánamo-Häftlinge gegen ihren Willen ernährt werden, stehen auch in den USA in der Kritik. Befeuert werden die Gegner der Zwangsernährung durch Berichte wie den von Samir Naji al Hasan Moqbel. Der 35 Jahre alte Mann aus dem Jemen hat im April telefonisch beschrieben, mit welcher Brutalität er zwangsernährt werde. Die New York Times druckte den Bericht ab. Mittelsmänner waren auch hier Anwälte von Reprieve.

Moqbel erzählt darin, wie er ans Bett gefesselt worden sei und ihm so die Nährlösung intravenös verabreicht wurde. 26 Stunden habe er so verharren müssen. Beten oder auf die Toilette gehen habe er in dieser Zeit nicht gedurft.

Reprieve veröffentlichte das Video mit Rapper Yasiin Bey zum Beginn des Fastenmonats Ramadan, der in der vergangenen Nacht begann und der nun eine zusätzliche Brisanz in die Causa bringt, schließlich dürfen gläubige Muslime in dieser Zeit zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang keine Nahrung zu sich nehmen.

Die US-Regierung hatte jedoch in einem offiziellen Papier versprochen, auf die religiösen Gefühle Rücksicht der Guantánamo-Häftlinge Rücksicht zu nehmen. Zwangsernährung werde es in der Zeit zwar weiterhin geben, allerdings erst nach Sonnenuntergang.

Mehrere Hungerstreikende wollten die Zwangsernährung jedoch per Gericht ganz stoppen lassen. Bundesrichterin Gladys Kessler hat sich kurz vor Beginn des Ramadan geäußert. Kessler sagte, ihr erscheine die Prozedur als Verletzung des UN-Zivilpaktes, der in Artikel sieben "Folter oder grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung" verbiete.

Ein Verbot sprach Kessler jedoch nicht aus. Dies könne weder ein Gericht noch eine andere staatliche Instanz entscheiden. Es gebe nur "eine Einzelperson, die die Autorität hat, sich um die Angelegenheit zu kümmern", so die Richterin: Präsident Barack Obama.

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