Wowereit-Porträt:Fröhlich, bärig, trotzig

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Auch wenn Berlins Regierender Bürgermeister zwei Anläufe zu seiner Wiederwahl benötigte: Die Beliebtheit des Regierenden Bürgermeister reicht weit über die eigene Partei hinaus.

Die Spitzengenossen haben einen Eindruck von Klaus Wowereit gewonnen, der das gelegentlich schillernde Bild "Wowis" um einen entscheidenden Punkt ergänzt: "Oft freundlich-fröhlich, manchmal bärig-brummig - und wenn's nötig ist, tritt er auch mal 'ne Tür ein."

So jedenfalls gibt der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck die Charakterisierung durch Franz Müntefering wieder und schließt sich dem Urteil über den Nachbarn und Kollegen an. "So kenne ich ihn auch."

Die harte, wenig diplomatische Facette haben andere spätestens in den vergangenen Wochen kennen gelernt, als das Bundesverfassungsgericht dem hochverschuldeten Berlin Finanzhilfen versagte und der Regierende Bürgermeister darauf erst recht den Bund zur Kasse bat. "Wie ein Trotzkopf" habe er da reagiert, findet Oppositionsführer Friedbert Pflüger, und den Rest der Republik vor den Kopf gestoßen. Seine Ankündigung, sich nach der Berlin-Wahl stärker bundespolitisch zu Wort zu melden, hatte Wowereit wohl anders gemeint.

Bundesweit bekannt geworden war der Berliner vor fünf Jahren mit einem lapidaren Outing. "Ich bin schwul", hatte er damals öffentlich mitgeteilt, "und das ist gut so!" Der Halbsatz wurde sprichwörtlich, das Bekenntnis schadete Wowereit nicht.

Er löste seinerzeit Eberhard Diepgen (CDU) als Regierenden Bürgermeister ab, gewann Neuwahlen und führt seither die rot-rote Koalition in der Hauptstadt, die am Donnerstag stolpernd in ihre zweite Amtszeit startete. Erst im zweiten Wahlgang wurde Wowereit zum Regierenden Bürgermeister gewählt. Im ersten Wahlgang fehlte ihm eine Stimme zur Mehrheit.

Spitzname "Regierender Partymeister"

Seine Beliebtheit reicht weit über die eigene Partei hinaus. Dabei macht es "Wowi" der Stadt nicht leicht. "Sparen, bis es quietscht", hatte er vor fünf Jahren vorgegeben und macht auch jetzt deutlich, dass sich daran so schnell nichts ändern wird. Auftritte als Salonlöwe trugen ihm zunächst den Spitznamen "Regierender Partymeister" ein.

Seine Präsenz auf gesellschaftlichem Parkett verteidigt er immer auch als Werbung für Berlin. Und ihm wird nachgesagt, trotz langer Partynächte morgens schon wieder am Schreibtisch zu sitzen, wenn andere noch in den Seilen hängen. Das bleibt nicht ohne Spuren. Im jüngsten Wahlkampf war geargwöhnt worden, er habe sich das Haar grau gefärbt, um seriöser zu erscheinen - ein Vorwurf, den der 53-Jährige belustigt zurückweist: "Ich bin so grau, Mensch!"

Sein Werdegang ist eine klassische sozialdemokratische Aufsteigergeschichte. Als "echtes Berliner Kind" kam er am 1. Oktober 1953 im Bezirk Tempelhof zur Welt und wuchs in einfachen Verhältnissen ohne Vater auf. Als jüngstes von fünf Geschwistern lernte er, sich durchzubeißen. Schon als Schüler trat Wowereit in die SPD ein und fand 1979 zur Lokalpolitik.

Nach dem Jura-Studium arbeitete er zunächst beim Innensenat und wurde dann mit 30 Jahren in seinem Heimatbezirk der jüngste Stadtrat Berlins. 1995 wurde er ins Abgeordnetenhaus gewählt und stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion, vier Jahre später Fraktionschef.

Nachdem die SPD 2001 als Folge des Bankenskandals die große Koalition platzen ließ, wurde Wowereit im Juni zum Regierenden Bürgermeister gewählt und amtierte mit einem rot-grünen Minderheitssenat bis zur Neuwahl im Oktober, die schließlich zur Koalition mit der PDS führte.

Dem heimatlichen Kiez in Tempelhof-Lichtenrade blieb Wowereit lange treu. Inzwischen wohnt der Golfspieler und Hobbykoch mit seinem Lebensgefährten, dem Arzt Jörn Kubicki, in Charlottenburg am Ku'damm.

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