Wirtschaft ankurbeln! Aber wie?:CDU-Spitze uneins über längere Arbeitszeiten

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Die Union ringt um eine geschlossene Haltung bei der Frage der Arbeitszeitverlängerung: Während einige CDU-Politiker die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche fordern, verwies Hamburgs Bürgermeister von Beust auf die Unabhängigkeit der Tarifparteien: "Ich denke, da sollte man sich nicht unbedingt einmischen."

Nach dem Scheitern der Regierungspläne, den Einheitsfeiertag zu verlegen, hat eine Diskussion über die Arbeitszeit in Deutschland begonnen. Einige Unionspolitiker forderten am Wochenende die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche und den Verzicht auf Urlaubstage.

Unter Leitung von Parteichefin Angela Merkel kam die CDU-Führung am Montag in Berlin zusammen, um den aktuellen Stand der Arbeitszeitdebatte zu erörtern und eine geschlossene Position zu suchen. Vor Beginn der Beratungen sagte Merkel, ihrer Meinung nach lägen Wachstumsimpulse vor allem im Bereich der wöchentlichen Arbeitszeit.

Deutschland brauche Feiertage wie den 3. Oktober, weil sie identitätsstiftend seien. Dass die Bundesregierung ihn habe abschaffen wollen, zeige, dass sie nicht verstanden habe, was Deutschland zusammenhalte.

Ole von Beust: Arbeitszeit Sache der Tarifpartner

Präsidiumsmitglied Hildegard Müller erklärte, eine Rückkehr zur 40-Stunden-Woche sei seit langem überfällig und wäre für alle die beste Lösung. Das könnte ein entscheidender Beitrag zur Senkung der Arbeitskosten sein, und sie hoffe, dass sich die Tarifpartner entsprechend bewegten.

Der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust wies jedoch darauf hin, dass die Arbeitszeit Sache der Tarifpartner sei. Die Politik sollte sich da nicht einmischen. Im öffentlichen Dienst sei die 40-Stunden-Woche längst eingeführt.

Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber sprach sich für längere Arbeitszeiten und weniger Urlaub aus. Die Streichung von Feiertagen sei ökonomisch fast ohne Wirkung, sagte Stoiber der Bild am Sonntag.

Ähnlich äußerten sich der CDU-Fraktionsvize Wolfgang Schäuble und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Eine Entscheidung für die 40-Stunden-Woche bringe mehr an Arbeitszeit, als die Streichung fast aller Feiertage, sagte Koch der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Auch von der Wirtschaft wurden längere Arbeitszeiten gefordert. Der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, sagte dem Magazin Focus, die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche entspräche der Streichung von elf Feiertagen.

Vertreter von Koalition und Regierung wiesen den Vorstoß zurück und sprachen sich stattdessen für Subventionskürzungen aus. SPD-Chef Franz Müntefering sagte, die Unions-Vorschläge seinen "nicht zielführend". Die Dauer der Arbeitszeit sei nicht Sache der Politik, sondern der Tarifparteien. DGB-Chef Michael Sommer kündigte ein Spitzentreffen der Gewerkschaften gegen Arbeitszeitverlängerungen an.

Auch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) wies ebenso wie Regierungssprecher Bela Anda darauf hin, dass die Streichung von Urlaubstagen sowie Vereinbarungen über die Arbeitszeit Sache der Tarifparteien sei. Anda sagte der SZ, die Regierung habe nicht die Absicht, an der Tarifautonomie zu rütteln: "Die Regierungsvorschläge für mehr Wachstum liegen auf dem Tisch."

Wirtschaftsinstitut rät zur Anhebung der Mehrwertsteuer

Clement favorisiert weiterhin die Abschaffung eines Feiertages. "Bei der Zahl der Feiertage liegen wir in Europa an der Obergrenze", teilte eine Sprecherin mit. Bundespräsident Horst Köhler habe darauf hingewiesen, dass es andere Wege gebe als die Verlegung des Nationalfeiertages auf einen Sonntag.

Clement forderte Köhler - was ungewöhnlich ist - auf, jetzt Vorschläge zu machen, wie zwei Milliarden Euro im Haushalt eingespart werden könnten. Auch die Grünen, die Union und die Länder seien nun dazu aufgerufen. SPD-Chef Müntefering sagte dagegen, die Regierung werde schon bald eigene Vorschläge vorlegen.

Müntefering wies Forderungen zurück, die Mehrwertsteuer anzuheben. Es werde "definitiv keine Steuererhöhung geben". Auch neue Belastungen für Rentner und Arbeitslose schloss er aus. Das Wirtschaftsforschungs-Institut DIW hatte die Anhebung von 16 auf 18 Prozent empfohlen. Allein durch Einsparungen sei der Etat nicht zu sanieren, sagte DIW-Chef Klaus Zimmermann.

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