Warschau - Der für die sozialdemokratische Regierung nicht bindenden Parlamentsentschließung stimmten 328 Abgeordnete zu, einer enthielt sich, es gab keine Gegenstimmen.
Die Bundesregierung solle anerkennen, dass derartige Ansprüche keinerlei rechtliche Grundlage hätten und alle Ansprüche der deutschen Staatsbürger, die von 1945 bis 1989 diese Gebiete verlassen hätten, selbst regeln. Das Wort "Vertriebene" wird vom Sejm vermieden, obwohl es im deutsch-polnischen Vertrag von 1991 vermerkt ist.
In der Resolution heißt es, Polen habe "keine angemessene finanzielle Entschädigung" für die im Zweiten Weltkrieg angerichteten Schäden erhalten. Die Regierung unter Premierminister Marek Belka hatte vergeblich vor der Annahme der Resolution gewarnt, da es für Reparationsforderungen keine Rechtsgrundlage gebe.
Auch in Berlin ist man dieser Auffassung. Auf der Potsdamer Konferenz hatten die Siegermächte 1945 verfügt, dass Polen 15 Prozent der Reparationen aus der Sowjetischen Besatzungszone erhalten solle.
1953 hatte Warschau die Reparationsfrage für abgeschlossen erklärt. Konservative und nationalistische Abgeordnete argumentieren nun, Moskau habe seine Verpflichtungen nicht erfüllt, außerdem sei 1953 Polen kein souveränes Land gewesen.
Das Thema Reparationen beschäftigt seit Monaten die polnischen Medien. Auslöser waren Forderungen nach Rückgabe von Immobilien in den Oder-Neiße-Gebieten, welche die von führenden Vertretern des Bundes der Vertriebenen (BdV) gegründete "Preußische Treuhand" im Namen der früheren Besitzer vorbringt.
Allerdings distanziert sich die BdV-Präsidentin Erika Steinbach von der Preußischen Treuhand. Sie hat wiederholt erklärt, der überwältigenden Mehrheit der deutschen Heimatvertriebenen gehe es nicht um materielle Wiedergutmachung, sondern um die Anerkennung des an ihnen verübten Unrechtes. Im BdV-Präsidium ist diese Position nicht unumstritten.
Innerpolitische Streitfrage
Das Thema Reparationen ist in Polen angesichts der Parlamentswahlen, die spätestens im Frühjahr stattfinden müssen, zur innenpolitischen Streitfrage geworden. So lassen einige Politiker die Gesamthöhe der Schäden berechnen. Allein für Warschau wird die Summe mit etwa 35 Milliarden Dollar veranschlagt.
Kanzler Gerhard Schröder hatte bei seinem Besuch in Warschau Anfang August mit der Erklärung, die Bundesregierung werde vor internationalen Gerichten gegen Forderungen deutscher Vertriebener Stellung beziehen, zwar für Genugtuung, aber auch für Verwirrung gesorgt. Denn die deutschen Behörden verweisen nach wie vor Antragsteller auf den Rechtsweg in Polen.