Weltweite Statistik:Mehr als 20.000 Menschen sitzen im Todestrakt

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Die gute Nachricht: 2006 wurden weniger Menschen hingerichtet als im Jahr zuvor. Dennoch leben drei Viertel der Weltbevölkerung in Staaten, die die Todesstrafe anwenden. Amnesty International fordert nun ein Moratorium.

Bernd Oswald

Es ist eine grausige Liste, auf welche Art Menschen vom Staat hingerichtet werden: Enthauptung (Saudi-Arabien, Irak), elektrischer Stuhl (USA), Hängen (in Asien verbreitet), Giftspritze (Asien und USA), Erschießen (u.a. Weißrussland, China, Somalia), Steinigung (Afghanistan und Iran) und Totschlag (Somalia). So sind im vergangenen Jahr nach Angaben von Amnesty International (AI) in 25 Ländern mindestens 1591 ums Leben gekommen. Mindestens 3861 Menschen wurden zum Tode verurteilt.

Die Todesstrafe wird vor allem in Asien und Afrika noch vollstreckt (Foto: Grafik: amnesty international)

Und das sind nur gesichterte Zahlen, die Dunkelziffer liegt vermutlich beim Vier- bis Fünffachen, vor allem in China, das die Hinrichtungsstatistiken als Staatsgeheimnis betrachtet. Neben den vollzogenen Hinrichtungen gibt es noch die Menschen, die im Todestrakt sitzen. Amnesty schätzt diese Zahl auf 19.000 - 25.000.

China führt die Liste des Schreckens an

Dennoch gibt es Jahr für Jahr kleine Fortschritte im Kampf gegen die Todesstrafe. Der Trend zur Abschaffung hält an. Insgesamt haben 129 (2005: 123) Länder die Todesstrafe im Gesetz oder in der Praxis abgeschafft, 68 (73) halten daran fest. 2006 schafften die Philippinen die Todesstrafe ab, Südkorea und etliche andere Länder diskutieren darüber.

Es gibt klare regionale Schwerpunkte. Am häufigsten wird die Todesstrafe nach wie vor in Asien angewandt: China (1010), Iran (177), Pakistan (82), Irak (65). Im Iran verdoppelte sich die Zahl der Hinrichtungen im vergangenen Jahr. Darunter waren wie auch in Pakistan minderjährige Straftäter.

In Afrika fanden nur in sechs Staaten (vor allem im Sudan) und in Europa mit Weißrussland lediglich in einem Staat Hinrichtungen statt. Dennoch lebt nur knapp ein Drittel der Weltbevölkerung (ca. 30 Prozent) in Staaten, die nicht hinrichten.

Einziger westlicher Staat, der als Schwerverbrecher verurteilte Bürger hinrichtet, sind die USA, die 2006 53 Menschen exekutierten.

Diese Woche drei Menschen in Japan gehängt

Nach Ansicht von Oliver Hendrich, Todesstrafen-Experte von AI Deutschland ist dieser "harte Kern der Hinrichtungsstaaten isoliert und handelt gegen den weltweiten Trend". Er fordert im Namen seiner Organisation mehr Druck auf die Hinrichtungs-Staaten und die Aussetzung aller Hinrichtungen weltweit: "Ein Moratorium in allen Staaten, die an der Todesstrafe festhalten, wäre der nächste richtige Schritt in eine Welt ohne Todesstrafe", sagte Oliver Hendrich von der deutschen ai-Sektion. "Der politische Wille muss nur da sein."

Überschattet wird das Bemühen von Amnesty durch die Vollstreckung von Todesurteilen in Japan. Wie japanische Nachrichtenagenturen meldeten, sind drei verurteilte Mörder durch den Strang hingerichtet worden. Es ist selten in Japan, dass Todesurteile während der laufenden Parlamentssitzung vollstreckt werden.

Meist nutzt die Regierung hierzu Parlamentsferien, um laut Kritikern so öffentliche Debatten über die Todesstrafe zu vermeiden. Japan ist eines der wenigen Industrieländer, das die Todesstrafe noch nicht abgeschafft hat.

Die Regierung gibt nur im Nachhinein Hinrichtungen bekannt, nicht aber die Namen der Exekutierten. Japanische Medien erfahren diese nur durch die Hinterbliebenen oder Anwälte. Sowohl der Umgang Japans mit der Todesstrafe als auch die berüchtigten Haftbedingungen in Japan werden seit Jahren von Menschenrechtsgruppen angeprangert. Die Angehörigen erfahren von der Hinrichtung erst nach der Vollstreckung.

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