Weltjugendtag:Ermordung von Frère Roger überschattet Eröffnungsgottesdienste

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Der Gründer der ökumenischen Gemeinde von Taizé ist in Frankreich beim Abendgebet von einer geistesgestörten Frau niedergestochen worden. Kurz darauf erlag der 90-Jährige seinen Verletzungen. In Köln löste die Nachricht große Bestürzung aus.

Bei der Täterin handelt es sich um eine 36-jährige Rumänin. Sie hatte dem betenden Geistlichen drei tödliche Messerstiche versetzt, teilte die Polizei in Taizé mit. Trotz schneller erster Hilfe sei Frère Roger seinen schweren Verletzungen erlegen. Die Frau wurde festgenommen.

Setzte sich für Frieden, Nächstenliebe und Versöhnung ein - Frère Roger. (Foto: Foto: dpa)

"Wir sind erschüttert. Hier waren alle sehr aufgeregt. Keiner hat verstanden, was passiert ist", sagte eine Schwester, die an dem Gebet in der Kirche teilgenommen hatte. Bruder François, der Roger nahe stand, habe den Besuchern des Gottesdienstes mitgeteilt, dass Roger nach dem Angriff verstorben sei. "Er sagte, alle sollten in der Kirche bleiben und für das Seelenheil von Bruder Roger beten", sagte sie.

"Für diese große Persönlichkeit"

Mit großer Bestürzung wurde die Nachricht von der Ermordung Frère Rogers auf dem katholischen Weltjugendtag in Köln aufgenommen. Der Generalsekretär des Weltjugendtags, Prälat Heiner Koch, erklärte, Frère Roger sei der katholischen Kirche immer tief verbunden gewesen.

Zuletzt seien "alle froh und dankbar" gewesen, dass der Theologe am Begräbnis von Papst Johannes Paul II. teilgenommen habe. "Nun ist er beim Vater im Himmel angekommen", hieß es in Kochs Erklärung. "Die Trauer ist groß. Die Hoffnung auf die Auferstehung überwiegt." Alle Teilnehmer des Weltjugendtags würden "für diese große Persönlichkeit" beten.

Der Protestant Roger Schutz hatte sein Leben der Zusammenführung aller Christen gewidmet. Im August 1940 war der Schweizer mit 25 Jahren nach Frankreich aufgebrochen, um eine Gemeinschaft Gleichgesinnter zu gründen. Diese entstand im burgundischen Dorf Taizé bei Dijon.

Zehntausende Jugendliche aus ganz Europa pilgern jedes Jahr zu den Jugendtreffen nach Taizé. Für Roger galt die Gemeinschaft und die menschliche Solidarität immer mehr als alle Konfessionen. Seine Botschaft war Liebe und Einheit unter allen Menschen. In den ersten Jahren in Burgund fanden in seinem Haus Flüchtlinge Schutz, vor allem Juden, die er vor den Nazis versteckte.

Für Frieden und Versöhnung

Nach Kriegsende kümmerte er sich um deutsche Kriegsgefangene. Immer mehr Freunde und Gleichgesinnte schlossen sich ihm an. 1949 legten die ersten sieben Brüder die klassischen Ordensgelübde ab.

In Taizé leben heute etwa 100 Brüder aus 25 Nationen. Im Laufe der Jahre haben Millionen Jugendliche sich mit den Themen der Gemeinschaft beschäftigt, mit Nächstenliebe, Frieden und Versöhnung. Auf Rogers Anregung hin leben seit 1951 Brüder in Gemeinschaften mit Besitzlosen in Asien, Afrika und Lateinamerika zusammen.

Für seinen Einsatz für Frieden erhielt Frère Roger 1974 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 1988 den UNESCO-Preis für Friedenserziehung und 1989 den Internationalen Karlspreis der Stadt Aachen.

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