Wehrbeauftragter:Amtsinhaber übergangen

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Die SPD-Fraktion schlägt Eva Högl als Wehrbeauftragte vor - Hans-Peter Bartels wäre gern im Amt geblieben. Spannend dürfte sein, wie die Union auf diesen Personalvorschlag reagiert.

Von Mike Szymanski, Berlin

Die Rechts- und Innenpolitikerin Eva Högl (SPD) soll neue Wehrbeauftragte des Bundestages werden. Die SPD-Fraktionsführung will nach Informationen der Süddeutschen Zeitung die 51 Jahre alte Bundestagsabgeordnete als Nachfolgerin für Hans-Peter Bartels, ebenfalls SPD, vorschlagen. Dessen erste Amtszeit läuft Mitte Mai aus. Mit Högl würde zum zweiten Mal in der Geschichte des Amtes eine Frau die parlamentarische Kontrolle der Bundeswehr begleiten. Von 1995 bis 2000 füllte Claire Marienfeld-Czesla von der CDU diese Aufgabe aus.

Der Wehrbeauftragte, in geheimer Wahl für fünf Jahre vom Bundestag gewählt, wacht über den Zustand der Bundeswehr. Zugleich ist er oder sie Ansprechpartner für die Soldatinnen und Soldaten und wird deshalb auch als ihr Anwalt betrachtet. Er soll überparteilich agieren und legt mindestens einmal im Jahr einen Bericht zur Lage der Truppe vor.

Mit Högl präsentiert die SPD-Fraktionsführung um ihren Chef Rolf Mützenich eine Überraschungskandidatin. Amtsinhaber Bartels hatte Interesse daran bekundet, die Arbeit fortzusetzen. Konkurrenz um das Amt machte ihm der einflussreiche SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs. Der Wettstreit um das Amt hatte die Fraktion zunehmend in eine missliche Lage gebracht: Es fiel selbst Bartels' Gegnern schwer, starke Argumente gegen ihn zu finden. Bartels gilt zwar als Einzelgänger. Aber bis ins Lager der Opposition fanden sich Unterstützer für ihn und seine Arbeit. Mit der Rolle als Kummerkasten hatte er sich nie begnügt, Bartels hatte sich immer auch in die großen politischen Debatten über die Zukunft der Bundeswehr eingeschaltet. Kahrs wird zwar eine größere politische Durchschlagskraft nachgesagt.

Als Haushaltspolitiker hatte er aber am Amtsinhaber vorbei zusätzliche Stellen für den Wehrbeauftragten organisiert. Dies kam in den eigenen Reihen so an, als sei er sich schon sicher, nächster Wehrbeauftragter zu werden. Mit Högl präsentiert Mützenich nun eine Kandidatin, die bislang niemand auf dem Schirm gehabt haben dürfte. Högl, geboren in Osnabrück, gehört der Berliner SPD an und kam 2009 in den Bundestag.

Die Juristin stieg zu den profiliertesten Rechts- und Innenpolitikern der SPD auf, ist Fraktionsvize und wird für ihren Fleiß und ihre Kompetenz geschätzt. Über ihre Arbeit im Parlamentarischen Kontrollgremium, das die Geheimdienste überwacht, hat sie immer mal wieder mit Extremismusfällen in der Bundeswehr zu tun. Die Fraktionsspitze verfolgt mit Sorge, welchen Zuspruch die in Teilen rassistische AfD auch in der Bundeswehr erfährt und möchte dieser Entwicklung mit der Personalie klar etwas entgegensetzen.

Spannend dürfte sein, wie die Union als Koalitionspartner auf diesen Personalvorschlag reagiert. Dort gab es Signale, mit Bartels weitermachen zu wollen oder, andernfalls, das Amt für einen eigenen Kandidaten zu beanspruchen.

Högl wäre als Wehrbeauftragte nicht mehr Mitglied des Bundestags. Mit ihrem Weggang müssten die Sozialdemokraten den zweiten Experten in kurzer Zeit ziehen lassen. Erst im Oktober hat der langjährige Abgeordnete Burkhard Lischka, ebenfalls ein profilierter Innenpolitiker, den Bundestag verlassen, um in Sachsen-Anhalt Notar zu werden. Als Högls Nachfolger in der Fraktion wird Dirk Wiese gehandelt.

© SZ vom 30.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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