Weg zur EU-Reform:Fahrplan für Lissabon steht

Lesezeit: 2 min

Nach dem Nein der Iren zur Reform will die EU ihren neuen Vertrag schrittweise retten - und signalisiert dem Land für ein zweites Referendum Zugeständnisse.

Cornelia Bolesch

Europas Regierungschefs haben Irland Zugeständnisse gemacht, um den Vertrag von Lissabon zu retten. Am frühen Donnerstagabend signalisierten sie Zustimmung zu einem Fahrplan, den der französische EU-Ratsvorsitzende Nicolas Sarkozy beim Gipfel in Brüssel vorgelegt hatte. Danach soll die Krise spätestens in einem Jahr beendet sein.

Ein zweites Referendum in Irland trifft nicht nur auf Zustimmung - Demonstranten in Brüssel machten am Donnerstag ihrem Ärger Luft (Foto: Foto: AP)

Die irische Regierung verpflichtet sich, bis 31.Oktober 2009, also vor Amtsantritt der neuen Kommission, ein zweites Referendum abzuhalten. Falls diese Abstimmung positiv ausgeht, könnte der neue Vertrag Ende 2009 in Kraft treten.

Im Gegenzug sichert die Europäische Union der irischen Bevölkerung zu, dass sie auch in Zukunft einen eigenen Vertreter in der Kommission stellen kann. Außerdem müssten die Iren weder ihre Neutralität aufgeben, noch auf ihr Steuerrecht oder auf nationale Eigenständigkeit in ethischen Fragen wie der Abtreibung verzichten. Das hat der Lissabon-Vertrag zwar nie vorgesehen, doch ohne entsprechende Zusicherungen wollte es die irische Regierung nicht wagen, die Bevölkerung erneut zur Abstimmung zu rufen.

Die Iren gelten als europafreundlich. Das bestätigt auch eine neue Bertelsmann-Umfrage. Über 90 Prozent der Iren fühlen sich danach der EU zugehörig. Trotzdem hatten sie im Juni in einem Referendum den Lissabonner Vertrag abgelehnt. Viele erklärten danach, sie fühlten sich schlecht informiert und seien verunsichert über die möglichen Auswirkungen der Reformen auf die Eigenständigkeit ihres Landes.

Ohne die Stimme Irlands kann der Vertrag jedoch nicht in Kraft treten. Er ist bereits von 25 Parlamenten ratifiziert worden. Um dem irischen Premier Brian Cowen Rückendeckung für ein zweites Referendum zu geben, will die EU ihre Zusicherungen in "rechtlich verbindlicher Form" abliefern. Was das genau bedeutet, soll bis Mitte 2009 ausformuliert werden.

Keine großen Probleme dürfte die Zusicherung eines Kommissars für Irland machen. Anders als der geltende Nizza-Vertrag sieht der zukünftige Vertrag von Lissabon eine verkleinerte Kommission erst 2014 vor. Darüber hinaus hält er auch ein Hintertürchen offen, wonach die Regierungschefs einstimmig eine andere Lösung beschließen können. In diesem Fall wäre eine erneute Ratifizierung nicht mehr notwendig.

Ein Land, ein Kommissar

Genau einen solchen Beschluss, nämlich die Beibehaltung des Prinzips "ein Kommissar pro Land" verspricht jetzt der EU-Gipfel. Die weiteren Zusicherungen könnten später, etwa im Beitrittsvertrag mit Kroatien, der für 2011 erwartet wird, rechtlich verbindlich untergebracht werden.

Enttäuscht über die Pläne zur Rettung des Lissabon-Vertrags zeigte sich der deutsche EU-Abgeordnete Jo Leinen, Vorsitzender des Verfassungsausschusses im Europaparlament. "Zur alten Regel zurückzukommen, dass jeder Mitgliedstaat einen Kommissar haben wird, wäre inakzeptabel. Die Kommissare vertreten die gesamte EU und nicht ihre eigenen Mitgliedstaaten."

© SZ vom 12.12.2008/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: