Weg zu Neuwahlen:Grüne sträuben sich gegen Schröders Pläne

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Die Koalitionsparteien steiten weiter über einen verfassungsfesten Weg zur geplanten vorgezogenen Bundestagswahl Mitte September. Die SPD denkt ernsthaft daran, ein Selbstauflösungsrecht des Bundestages zu schaffen - die Grünen lehnen dies kategorisch ab.

Auch eine Koppelung der am 1. Juli geplanten Vertrauensfrage von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) mit der Abstimmung über die Unternehmenssteuern wollen die Grünen nicht mittragen.

Angesichts verfassungsrechtlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Vertrauensfrage des Bundeskanzlers prüft die SPD eine Grundgesetzänderung. Das bestätigte SPD-Bundestagsfraktionsvize Michael Müller am Samstag im Deutschlandradio Kultur.

Grünen-Fraktionschefin Krista Sager sagte im RBB, sie halte nichts davon, "das Grundgesetz zu ändern, wie man es jetzt gerade braucht". Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sagte: "Die Verfassung ist kein Selbstbedienungsladen."

Wird die V-Frage mit der Unternehmenssteuer gekoppelt?

Der rechtspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Rainer Funke hält eine Verfassungsänderung für unnötig, da Schröder das Vertrauen seiner Abgeordneten nicht mehr besitze.

Die SPD-Fraktion setzt zugleich weiterhin auf die Möglichkeit, die Vertrauensfrage an das Thema Unternehmenssteuern zu koppeln. Nach einem Bericht der Welt am Sonntag will Kanzler Schröder die für 1. Juli geplante Vertrauensfrage im Bundestag mit der Abstimmung über die Unternehmensteuer verbinden.

Die Grünen wollen die beschlossene Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 auf 19 Prozent nur bei ausreichender Gegenfinanzierung mittragen. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte laut Welt, nachdem die Grünen das Projekt nicht mehr mittragen wollten, habe der Kanzler für "diese unverzichtbare Reform" keine eigene Mehrheit. Dies biete dem Kanzler einen triftigen Grund für die Vertrauensfrage.

Beck lehnte ein solches Vorgehen ab. Ohne akzeptable Gegenfinanzierung werde man die Reform bereits im zuständigen Bundestagsausschuss ablehnen, sagte Beck der Tageszeitung: "Der Gesetzentwurf verlässt den Ausschuss nur, wenn sich zuvor die Koalition auf einen Gesetzeswortlaut verständigt hat."

Beck warnte die SPD vor einem Bruch der Koalitionsvereinbarung, nach der kein Partner bei strittigen Fragen Alleingänge unternehmen dürfe.

Schleswig-Holsteins Grüne stellten mit Rückendeckung der Parteispitze die Koalition im Bund in Frage.

Kauder: "Der Kanzler muss zurücktreten"

"Wenn die SPD einen Versuch starten sollte, die aktuelle Situation gegen uns auszunutzen und wenn das Vertrauen in die gemeinsame Handlungsfähigkeit verbraucht ist, muss ihr klar sein, dass wir die Koalition beenden", heißt es in einer Resolution, die ein Landesparteitag am Samstag in Neumünster beschloss.

SPD-Fraktionsvize Müller zeigte sich zuversichtlich, in der nächsten Woche "eine Lösung" bei der Unternehmenssteuer zu finden. Am Dienstag ist seit längerem eine Koalitionsrunde im Kanzleramt angesetzt. Müller bestätigte, man wolle sich mit den anderen Parteien und Fraktionen über den Weg hin zur Neuwahl verständigen.

Kanzleramt und SPD-Spitze erwägen laut Berliner Zeitung trotz des Zeitdrucks, dem Bundestag ein Recht auf Selbstauflösung zu verschaffen. Ein solcher Schritt, den Bundestag und Bundesrat jeweils mit Zweidrittelmehrheit billigen müssten, sei innerhalb von vier Wochen möglich.

Schröder wolle über Modalitäten einer Vertrauensfrage "bis Ende nächster Woche Klarheit schaffen", berichtete das Blatt unter Berufung auf SPD-Kreise. Eine SPD-Sprecherin sagte dazu lediglich: "Das Verfahren läuft."

CDU-Generalsekretär Volker Kauder sagte auf einem Landesparteitag der Berliner CDU: "Franz Müntefering und Gerhard Schröder zocken um die Macht und verspielen dabei unser Land." Es sei unglaublich, wie die Neuwahl realisiert werden solle. "Der Kanzler muss zurücktreten."

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