Wanzen:Parasiten des Jetsets

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Die Insekten haben ganz neue Gegner bekommen: Speziell abgerichtete Hunde sollen die reiselustigen Tierchen am Frankfurter Flughafen im Gepäck der Passagiere aufspüren.

Von Susanne Höll

Mit der Cimex lecturalius, besser bekannt als gemeine Bettwanze, macht kein Mensch gerne Bekanntschaft. In unseren Breiten war sie nach dem Zweiten Weltkrieg nahezu verschwunden, hochgiftige Chemikalien wie das inzwischen verbotene DDT hatten sie ausgerottet. Seit einigen Jahren aber sind die Tierchen wieder auf dem Vormarsch, auch in Deutschland, zum Leidwesen von Hotels, Fluggesellschaften und verzweifelten Privatleuten. Wer einmal eine Nacht in einem verwanzten Bett oder auf einem verseuchten Kabinensitz verbrachte, weiß hinterher, wie quälend Juckreiz sein kann.

Entgegen landläufiger Meinung sind Wanzen nicht nur dort zu finden, wo es schmutzig ist. Im Gegenteil. Selbst in Luxusherbergen wird man gebissen. Touristen schleppen die Blutsauer ahnungslos in ihrem Gepäck ein, Vielflieger tragen sie an den Schuhen in die teure Business Class, manchmal stecken sie auch in Schubladen importierter Möbel aus Übersee.

Wanzen sind Jetsetter, sie reisen um die Welt. Ihre Bekämpfung ist äußerst mühsam. Kammerjäger, die einen Raum absuchen müssen oder gar ein ganzes Haus, haben gut zu tun: Die Tierchen sind im nüchternen Zustand gerade einmal vier bis fünf Millimeter groß.

Hoffnung im Wanzenkampf macht den Schädlingsexperten nun ein anderes Tier. Hunde nämlich, die auf Parasitenjagd trainiert sind. Schlagen sie beim Schnüffeln an, kann das die Suche verkürzen. Einige Firmen in Deutschland bieten solche Dienste schon seit längerer Zeit an, die Fachleute waren bislang aber skeptisch. Es gebe keine Qualifikationskontrolle für solche Hundeeinsätze und keine allgemeingültigen Regelungen, sagt der Geschäftsführer des Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verbandes, Andreas Beckmann. Und er fügt hinzu: "Da kann auch Unfug betrieben werden." Das soll sich ändern.

Am Frankfurter Flughafen gibt es inzwischen drei Hunde, die mitsamt ihren Führern trainiert worden sind nach Richtlinien der in England ansässigen "Bed Bug Foundation", die internationale Standards zur Bekämpfung erarbeitet. Ein vierter Hund durchläuft gerade seine Ausbildung. Die Frankfurter Zwei- und Vierbeiner genießen inzwischen Expertenstatus in Europa, hoffen auf Zertifizierung des Umweltbundesamts.

Parasiten-Profis wie der Biologe Beckmann sind angetan von den Fraport-Erfahrungen. "Super spannend" sei die Geschichte dort. Wenn es eine Art Qualitäts-Siegel gebe, könnte es seiner Branche die Arbeit erleichtern. Wenn es gut läuft, können die Hunde Wanzen-Opfern zudem Kosten ersparen. Flugzeuge, in denen die Parasiten ihr Unwesen trieben, müssten oft längere Zeit am Boden bleiben, um komplett durchsucht zu werden, sagt ein Fraport-Sprecher. Mit dem Schnüffeleinsatz könnten befallene Plätze identifiziert und die Sitzreihen schnell ausgetauscht werden.

Und künftig sollen auch Privatleute auf Wunsch die Spezialhunde beim An- oder Abflug ordern können. Wer sichergehen wolle, dass er in seinem Gepäck keine unliebsamen Mitbringsel einschleppe, könne die eigenen Koffer beschnüffeln lassen - gegen Gebühr, selbstverständlich.

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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