Wahlkampf-Finanzierung:Kerrys Kohle

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Jetzt, da John Kerry in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerät, fragen manche Demokraten, wer seinen Wahlkampf finanziert. Und plötzlich ist nicht mehr sicher, ob Kerry tatsächlich eine Alternative zu Bush ist.

Von Marc Hujer

Es gab Zeiten, da sahen alle Kandidaten wie die bessere Alternative aus. Der Leitspruch war: Jeder ist gut - Hauptsache er schlägt Bush.

Das war, als das Bewerberfeld der Demokraten noch so groß war, dass einzelne Unstimmigkeiten nur schwer zu entdecken waren.

Doch jetzt, da John Kerry in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerät, da ihm nach 15 Vorwahlsiegen die Kandidatur kaum mehr zu nehmen sein wird, fragen manche Demokraten nach, wer seinen Wahlkampf finanziert, mit wem er kungelt.

Und plötzlich ist gar nicht mehr so sicher, ob Kerry tatsächlich eine Alternative ist, ob er wirklich "für die kleinen Leute" da ist, wie er verspricht, oder doch genauso wie Bush das Geld der Reichen und Superreichen nimmt.

"Wenn die Öffentlichkeit mehr Zeit hat, sich mit der Vergangenheit Kerrys zu beschäftigen", warnte Mitbewerber Howard Dean, "wird sie sehen, dass er am Ende wie George Bush sein wird".

John Kerry ist reich, reicher als die meisten anderen Präsidentschaftskandidaten vor ihm und um Größenordnungen reicher als George W. Bush. Das fördert nicht unbedingt die Glaubwürdigkeit eines Kandidaten, der verspricht, es mit den Superreichen im Land aufnehmen.

Kerrys Familienvermögen, vor allem von seiner Frau, der Ketchup-Erbin Teresa Heinz, wird auf 525 Millionen Dollar geschätzt. Im Vergleich dazu hat Bush mit dem Verkauf seiner Anteile am Baseballteam Texas Rangers gerade mal 14 Millionen Dollar eingestrichen.

Das konservative Wirtschaftsmagazin Forbes behauptet, würde Kerry gewählt, wäre er der zweitreichste Präsident der US-Geschichte, gleichauf mit John F. Kennedy. Nur Großgrundbesitzer und Sklavenhalter George Washington, der erste Präsident der Vereinigten Staaten, hatte ein größeres Vermögen als der wahrscheinliche Herausforderer von Bush angehäuft.

Ähnlich wie bei Kennedy kann Kerry das Vermögen allerdings nur bedingt für seinen Wahlkampf einsetzen. Weil das Geld streng genommen seiner Frau gehört und nicht ihm, verhindern es die Wahlkampfgesetze, dass Kerry sich frei bedienen kann. Als er jüngst 6,4 Millionen Dollar zu seinem Wahlkampf zuschießen wollte, musste er sich einen Kredit geben lassen und eines seiner fünf Häuser beleihen, um nicht mit den Wahlkampfgesetzen in Konflikt zu geraten.

Bush, der im Wahlkampf wegen seiner Nähe zu Großunternehmen, insbesondere zum Energieriesen Halliburton unter Druck geraten ist, versucht nun, mit den gleichen Argumenten zurückzuschlagen. Seit dieser Woche verbreiten seine Wahlkampfmanager die Botschaft vom prinzipienlosen Kerry, der in seinen 19 Jahren im Senat mehr Lobbygeld genommen habe als alle anderen Kollegen.

In einer E-Mail an sechs Millionen Wähler bezeichnet Bushs Team Kerry als "prinzipienlosen Lakaien" der Lobbyisten. Anders als Dean hat Kerry nicht den Ruf, junge internetbesessene Studenten hinter sich gebracht zu haben, die sich ihre Wahlkampfspenden dollarweise ersparen mussten und der Sache verpflichtet waren.

Das konservative Wall Street Journal führt die Summen auf, die Kerry von den großen Interessengruppen in den vergangenen fünf Jahren bekommen hat, darunter 1,4 Millionen Dollar von der Anwaltslobby, 764 000 Dollar von der Wall Street und 484 000 Dollar von der Immobilienwirtschaft. Und wenn Kerry gegen Bush bestehen will, wird er noch mehr als bisher ihre Hilfe brauchen.

Spendable Demokraten

Es geht um den teuersten Wahlkampf aller Zeiten. Allein Bush startete mit einer prall gefüllten Schatulle von 132 Millionen Dollar. Der Präsident hat von dieser Summe noch 100 Millionen Dollar übrig und wird bis zum Parteitag im August weitere 50 Millionen Dollar einnehmen, manche rechnen sogar mit weiteren 100 Millionen.

Zwar dürfte auch Kerry in diesem Jahr noch mindestens 50 Millionen Dollar Spenden einnehmen, denn die Hoffnung, Bush aus dem Weißen Haus vertreiben zu können, hat in diesem Jahr die Anhänger der Demokraten besonders spendabel gemacht. Doch das wird kaum reichen, um den Abstand zu Bush aufzuholen.

Das Geld der Demokraten verteilte sich anfangs auf neun mögliche Kandidaten. Davon blieben John Kerry bislang lediglich 25 Millionen Dollar, was einem Fünftel der Summe Bushs entspricht. Vor kurzem rief er den Lobbyisten im Wahlkampf noch zu: "Wir kommen, ihr geht, und passt auf, dass ihr euch beim Rausgehen nicht den Kopf anstoßt." Nun muss der Kandidat selbst aufpassen, dass er sich nicht den Kopf anstößt.

© SZ vom 19.2.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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