Wahlkampf:Die hasenherzige Union

Lesezeit: 2 min

Wie Angela Merkels Lächeln verschwand: Bei CDU und CSU bröckelt die Siegesgewissheit. Denn der Kanzler legte in den vergangenen Tagen ein Tempo vor, dem Merkel nicht standhalten konnte.

Christoph Schwennicke

In ersten Analysen nach der Neuwahlentscheidung von Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde vermutet, dass er entgegen seiner Absicht seine Gegner stark gemacht hat: Erst unter dem Druck der Ereignisse entstand mit Oskar Lafontaine und der PDS ein Gegner, der sich nun als ernste Konkurrenz erweist. Und aus dem befreiten Lächeln von Angela Merkel wurde geschlossen, dass für die Union der Zeitpunkt perfekt sei, den Kanzler abzulösen.

Um bei den Äußerlichkeiten anzufangen: Das Lächeln von Angela Merkel ist verschwunden. In den vergangenen Tagen hat ihr der Kanzler ein Tempo diktiert, dem sie nicht standhalten konnte.

Die Kandidatin benötigte eine Auszeit, um wieder in der Lage zu kommen, mit dem Amtsinhaber Schritt zu halten. Und jedes Schwächeln der Herausforderin saugt Gerhard Schröder auf, als sei es das Mark des Lebens, wie das der Dichter Henry David Thoreau besungen hat.

Die Fassade der Siegesgewissheit der Union ist brüchig geworden. Schon die ersten Anzeichen sinkender Umfragewerte führten zum Ausscheren einiger Ministerpräsidenten. Ein paar ungelenke Interviews und Jörg Schönbohms Ansichten über den Osten reichten schon dazu aus. So hasenherzig kennt man sonst nur die SPD.

Elfmeter in ein scheunengroßes Tor

Derjenige, der in seinem Perfektionszwang solche Patzer am wenigstens aushält, heißt Edmund Stoiber. Er hatte seine Chance unter ungleich schwierigeren Umständen vor drei Jahren und muss nun mit ansehen, wie Angela Merkel versucht, einen Elfmeter in ein scheunengroßes Tor hineinzuzittern. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der bayerische Ministerpräsident den Dilettantismus in Berlin nicht mehr aushalten würde.

Zum zweiten Mal hat er nun Details über das Kompetenzteam bekannt gegeben, dessen Ausrufung die Kandidatin zu ihrer Chefsache machen wollte. Edmund Stoiber und Angela Merkel wirken wie Hase und Igel in der Parabel.

Stoiber ist immer schon da. Sein Ehrgeiz und sein gleichzeitiges Zaudern bescheren der Kandidatin ein kolossales Problem. Einerseits nimmt sich der Vormann der bayerischen Schwesterpartei jederzeit das Recht heraus, alleine vorzupreschen. Zugleich lastet er wie Blei auf allen Personalüberlegungen, die Merkel derzeit anstellt. Von Stoibers Ja oder Nein hängen viele Personalia ab und die Belastbarkeit von Zusagen an potenzielle Minister.

Darüber hinaus hat Stoiber kess die Elle festgelegt, an der die Kanzlerkandidatin der Union zu messen sein wird. 42 Prozent plus müssen es seiner Meinung nach sein. Drunter hätte Frau Merkel ihre Chance dann gehabt. Bezeichnenderweise kommt man unter 42 Prozent sehr schnell in den rechnerischen Bereich einer großen Koalition.

Die hat Stoiber im Unterschied zu Frau Merkel nicht verteufelt, sondern nur die zweitschlechteste Lösung genannt. Und mit Franz Müntefering verstand er sich schon in der Föderalismuskommission blendend.

© SZ vom 11.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: