Wahlen in zwei Bundesländern:Hessen gibt die Richtung vor

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Die Ergebnisse von Sonntag haben auch Auswirkungen auf den Spielraum Merkels als CDU-Chefin - und auf die Koalitionsoptionen der SPD.

Stefan Braun und Nico Fried

Nach einem ungewöhnlich harten Wahlkampf, der auch die Große Koalition in Berlin belastet hat, finden am Sonntag in Hessen und Niedersachsen die mit Spannung erwarteten Landtagswahlen statt. Ihr Ausgang wird Einfluss auf die Rolle Angela Merkels als Kanzlerin und CDU-Chefin sowie auf künftige Koalitionsoptionen der SPD haben. Entscheidend ist das Votum in Hessen, wo es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU-Ministerpräsident Roland Koch und der SPD-Konkurrentin Andrea Ypsilanti gibt.

Koch zeigte sich am Freitag optimistisch, dass die CDU in Hessen stärkste Partei werde und mit der FDP eine Koalition bilden könne. Dagegen sagte SPD-Herausforderin Andrea Ypsilanti, eine schwarz-gelbe Mehrheit sei weit und breit nicht in Sicht. Koch und Ypsilanti sprachen sich erneut gegen eine große Koalition aus. Sowohl in Niedersachsen, wo Ministerpräsident Christian Wulff in Umfragen deutlich vor dem SPD-Spitzenkandidaten Wolfgang Jüttner führt, wie auch in Hessen kommt dem Abschneiden der Linkspartei voraussichtlich entscheidende Bedeutung zu, weil ihr erstmaliger Einzug ins Parlament eines Flächenlandes zugleich die Bildung schwarz-gelber Koalitionen verhindern würde.

Die CDU schaut mit besonderer Spannung auf die Wahlen in Hessen und Niedersachsen. In Wulff und Koch stehen gleich zwei wichtige Ministerpräsidenten und CDU-Politiker vor richtungsweisenden Entscheidungen. Sollte auch nur einer seinen Posten verlieren, stünde der Partei von Kanzlerin Angela Merkel eine heftige Debatte über die Gründe ins Haus. Die Kritik, dass die CDU in der Großen Koalition zu wenig inhaltliches Profil entwickle und der SPD zu viele Zugeständnisse mache, würde im Falle einer Niederlage wieder aufbrechen.

Abhängig vom Wahlergebnis in Hessen stünde die CDU zudem vor schweren Strategie- und Personalentscheidungen. Sollte Koch verlieren, müsste die Hessen-CDU bald entscheiden, ob sie mit Koch oder einem anderen CDU-Politiker in eine Koalition mit der SPD geht. Daran schließt sich die Frage an, ob Koch, der in der Partei sehr beliebt ist, eine andere Aufgabe übernehmen könnte. Mancher in der CDU-Spitze denkt über eine Rochade nach, bei der Verteidigungsminister Franz Josef Jung in eine große Koalition nach Wiesbaden wechseln könnte, der CSU-Politiker Michael Glos würde dann Jung als Verteidigungsminister nachfolgen und Koch käme als Wirtschaftsminister an die Spree. Diesem Rollenwechsel müsste die CSU allerdings zustimmen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wird das in der Parteiführung aber ausgeschlossen.

Wegweisend für die CDU-Strategien

Wegweisend könnten die Landtagswahlen auch mit Blick auf künftige Wahlkampfstrategien der Bundes-CDU sein. Sollte Koch mit seinem provokanten Wahlkampf gewinnen, würde die CDU das als großen Erfolg feiern. Aber auch die Hardliner würden sich bestätigt fühlen, die von Merkel aggressivere Wahlkämpfe fordern. Dahinter steckt der bis heute schwelende Vorwurf, Merkel habe bei der Bundestagswahl 2005 deshalb fast verloren, weil sie im Duell mit Gerhard Schröder zu vorsichtig und zögerlich gewesen sei. Sollte Koch mit seinem polarisierenden Wahlkampf scheitern und der präsidial auftretende Wulff gewinnen, wäre das für die CDU eine schwere Niederlage, würde aber Merkels moderierenden und auf Ausgleich bedachten Regierungsstil bestätigen.

Die SPD strebt in Hessen erstmals die Bildung einer Ampelkoalition zusammen mit Grünen und FDP an. Sie könnte als Vorbild für ein solches Bündnis nach der Bundestagswahl dienen. Zugleich will die SPD damit ihre Unterlegenheit im Bundesrat mindern. In der Länderkammer dominiert derzeit die Union, die elf von 16 Ministerpräsidenten stellt, was im Falle einer von der SPD geführten Bundesregierung zu einer Blockade-Situation führen würde.

SPD-Chef Kurt Beck forderte die FDP demonstrativ zu mehr Offenheit gegenüber Koalitionen mit den SPD auf. Die FDP dürfe sich "nicht dauerhaft zum Wurmfortsatz der CDU machen". FDP-Chef Guido Westerwelle bekräftigte sein Nein zu einer Ampelkoalition in Hessen mit SPD und Grünen.

© SZ vom 26.01.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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