Wahlen in Russland:USA und OSZE bemängeln Manipulation der Medien

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Die Präsidentenwahl hat die Kriterien einer Demokratie nach dem Urteil der OSZE nicht erfüllt. Die Abstimmung habe die "notwendigen Prinzipien für einen gesunden Wahlprozess" nicht widergespiegelt. Wladimir Putin, der die Wahl mit 72 Prozent der Stimmen gewonnen hatte, wies die Kritik zurück.

Von Tomas Avenarius

Vor dem Hintergrund scharfer Äußerungen Washingtons über manipulative Methoden des Kremls während des Wahlkampfes sagte Putin, Russlands Kritiker sollten "nicht auf einen Flecken im Auge des Gegenübers hinweisen und zugleich den Balken im eigenen Auge ignorieren".

Putin wurde aber auch von Seiten seiner unterlegenen Gegenkandidaten kritisiert.

"Putin hat seine historische Chance nicht genutzt, zum ersten Mal in Russland ehrliche Wahlen abzuhalten", sagt der unterlegene Links-Nationalist Sergej Glasjew.

Putin sagte, man werde die US-Kritik überdenken "und wenn wir meinen, dass es Anlass zum Nachdenken gibt, dann werden wir unsere Schlussfolgerungen daraus ziehen".

Er reagierte auf US-Außenminister Colin Powell, der sich besorgt gezeigt hatte über "das Maß an autoritärem Verhalten".

Die USA zögerten nicht, Putin nahe zu legen, seine Popularität dafür zu nutzen, "den politischen Dialog zu verstärken statt Dialog und Offenheit der Gesellschaft abzuwürgen".

Die russische Opposition hatte kritisiert, die staatlich kontrollierten TV-Sender hätten ihr keinen echten Zugang gewährt.

Stattdessen sei Propaganda für Putin gemacht worden. Sergej Glasjew kritisierte, der Kreml habe drei Millionen Dollar aufgewendet, um ihn in den Medien verleugnen zu lassen. Er sei "Opfer der gesamten Klaviatur schmutziger Technologien" geworden.

Das endgültige Wahlergebnis wird Ende März bekannt gegeben. An den von der Zentralen Wahlkommission am Montag veröffentlichten Zahlen wird sich aber nicht viel ändern. Putin hat 71,2 Prozent der Stimmen bekommen.

Sein kommunistischer Gegner Nikolaj Charitonow erreichte 13,7 Prozent, der unabhängige Links-Nationalist Glasjew 4,1 und die ebenfalls unabhängige Liberale Irina Chakamada 3,8 Prozent.

Für den Rechtsnationalisten Oleg Malyschkin von der Liberaldemokratischen Partei LDPR stimmten zwei Prozent.

Oberhaus-Sprecher Sergej Mironow, der mit dem Ziel angetreten war, Putin zu stützen, bekam 0,7 Prozent. Bei "Gegen alle Kandidaten" kreuzten 3,4 Prozent an. Die Wahlbeteiligung lag bei 64 Prozent.

Zweifel an der Höhe der Wahlbeteiligung

Putins Gegner und kritische Medien stellten vor allem die Höhe der Wahlbeteiligung infrage.

Auffällig war etwa der Kaukasus. So sollen im Kriegsgebiet Tschetschenien ungefähr 90 Prozent abgestimmt haben, in Dagestan 88 Prozent.

Die Moscow Times hatte bei der Präsidentenwahl 2000 nachgewiesen, dass die Abstimmung im Kaukasus vom Kreml gefälscht worden war.

Wenig glaubwürdig ist, dass 92 Prozent der Tschetschenen für Putin gestimmt haben sollen: Unter Putins Verantwortung hatte der zweite Tschetschenienfeldzug begonnen.

Zeitungen zitierten Mitglieder regionaler tschetschenischer Wahlkommissionen, die Fälschungen einräumten. Präsident Putin hatte Reportern nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse gesagt:

"Ich habe all diese Jahre hart und ehrlich gearbeitet. Das haben die Menschen gespürt. Ich verspreche, dass ich in den nächsten vier Jahren ebenso arbeiten werde."

© SZ vom 16.3. 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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