Wenn es nach den letzten Umfragen vor der Parlamentswahl in Israel am Dienstag geht, dann wird die moderate Partei Kadima des amtierenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert die deutlich stärkste Partei werden. Den Prognosen zufolge kann sie mit etwa 34 von 120 Sitzen in der Knesset rechnen, gefolgt von der Arbeitspartei mit 20 bis 21 Sitzen. Der rechte Likud-Block würde demnach auf 13 bis 15 Sitze abstürzen und an politischem Einfluss verlieren.
Die Bildung einer stabilen Regierung und damit die Umsetzung seiner Pläne für eine einseitige Grenzziehung zu den Autonomiegebieten könnte für Kadima-Chef Olmert dennoch schwierig werden. Denn die Schwächung von Likud hat zu einem Erstarken des rechten Parteienspektrums geführt. So werden der Einwandererpartei Israel Beitenu bis zu zwölf Sitze und damit ein Zuwachs von zehn Sitzen zugetraut. In den jüngsten Umfragen des Dahaf Instituts und des Smith Instituts kommt das rechte Lager auf 50 Sitze. 60 wären notwendig, um Olmert als Regierungschef zu verhindern.
Andenken an den legendären Feldherrn
Dieser hat im Wahlkampf stark von seinem Vorgänger Ariel Scharon profitiert. Obwohl Scharon nach einem Schlaganfall seit fast einem Vierteljahr im Koma liegt, gilt sein Einfluss auf die Abstimmung als beträchtlich. Die Kadima-Partei, die Scharon nur wenige Wochen vor dem plötzlichen Ende seiner politischen Karriere gegründet hatte, setzte bewusst auf den Scharon-Bonus. Das Andenken an den legendären Feldherrn und politischen Führer Scharon war ein wesentlicher Bestandteil ihres Wahlkampfes und Beobachter sind sich einig, dass die Partei sich als Verkörperung von Scharons politischer Vision in Szene setzte.
"Ariel Scharon war der Gründer, Ariel Scharon war die Inspiration von Kadima und wir sind stolz, seine Politik, Prinzipien und Pläne für Kadima weiter zu verfolgen", sagt Ehud Olmert, der sich als enger Berater Scharons viele Jahre lang im Hintergrund gehalten hatte und es auch jetzt noch vermeidet, seine Rolle als neue Nummer eins in Partei und Regierung herauszustreichen.
Aufgabe kleinerer Siedlungen
Scharons Gewicht wird Olmert wohl nicht nur bei der Wahl, sondern auch bei der von ihm geplanten Neuziehung der Grenzen Israels helfen. Als künftiger Regierungschef will er die großen jüdischen Siedlungsblocks im Westjordanland ausbauen und zugleich kleinere Siedlungen aufgeben. Den Weg dazu hat ihm Scharon gebahnt, indem er im vergangenen Jahr den Rückzug aus dem Gazastreifen durchsetzte. Der Widerstand dagegen in der eigenen Likud-Partei führte schließlich zu Scharons Bruch mit dem Likud und zur Neugründung von Kadima, der sich später auch der frühere Vorsitzende der Arbeitspartei, Schimon Peres, anschloss.