Wackelnder EU-Beitritt:Türkei nennt Brüsseler Entscheidung "inakzeptabel"

Lesezeit: 1 min

Nach dem Scheitern der Zypern-Gespräche hat die EU-Kommission früher als erwartet Konsequenzen gezogen und empfohlen, die Beitrittsverhandlungen mit Ankara teilweise auszusetzen. Die deutsche Regierungschefin begrüßte den Vorschlag, ihr türkischer Amtskollege schäumte.

Grund für die Empfehlung Brüssels ist die anhaltende Weigerung der Türkei, ihre Häfen und Flughäfen für Schiffe und Flugzeuge des EU-Mitglieds Zypern zu öffnen.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan kritisierte die Entscheidung der EU-Kommission. Ein solches Verhalten sei inakzeptabel, sagte Erdogan nach Angaben des privaten Senders NTV. Einer seiner Berater, Egemen Bagis, sagte dem Sender: "Wir werden niemanden gestatten, auf unseren Rechten herumzutrampeln."

Unterstützung bekam die EU-Kommission von Angela Merkel und vom dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen, die sich beide auf dem Nato- Gipfel in Riga auch dafür aussprachen, die Verhandlungen teilweise auszusetzen.

Die Entscheidung der Kommission, Druck auf Ankara auszuüben, sei "ein starkes Signal", sagte Merkel. Sie forderte die Türkei auf, das so genannte Ankara-Protokoll zur Ausweitung der Zollunion mit der EU auf Zypern umzusetzen.

"Verpflichtungen nicht erfüllt"

Die Türkei hat dieses Protokoll zwar Ende Juli 2005 unterzeichnet, weigert sich aber bis heute, ihre See- und Flughäfen für zyprische Schiffe und Flugzeuge zu öffnen. Rasmussen erklärte, "meiner Meinung nach hat die Türkei ihre Verpflichtungen nicht erfüllt. Das muss natürlich Konsequenzen haben."

Die Empfehlung der EU-Kommission, die am Mittwoch offiziell bekannt gegeben wurde, kommt etwa eine Woche früher als geplant. Diplomaten erklärten in Brüssel, die EU-Kommission habe nicht den Eindruck, dass sich die Türkei in dieser Frage noch bewegen werde. Ankara hatte am Montag einen von der EU vorgeschlagenen Kompromiss abgelehnt.

EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn ist aber gegen eine völlige Aussetzung der Verhandlungen. "Der Zug wird langsamer fahren, aber nicht anhalten", erklärte Rehn kürzlich.

Ähnlich wie Rehn äußerten sich am Mittwoch in Riga auch der britische Premierminister Tony Blair und der spanische Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero. Blair erklärte, es wäre "ein schwerer Fehler", der Türkei jetzt ein negatives Signal zu senden. Und Zapatero forderte, es müsse intensiv daran gearbeitet werden, dass die Tür zur EU für Ankara offen bleibe.

Der Empfehlung der EU-Kommission ungeachtet soll der finnische Ministerpräsident Matti Vanhanen am Freitag noch einmal in die Türkei reisen, um die Möglichkeiten für einen Kompromiss in letzter Minute auszuloten. Finnland hat die Ratspräsidentschaft in der EU inne.

Die endgültige Entscheidung, ob die Beitrittsverhandlungen mit Ankara fortgesetzt werden sollten und in welchem Umfang, fällt beim EU-Gipfel, der am 14. und 15. Dezember stattfindet.

© AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: