Wachsende Schwierigkeiten:USA suchen Hilfe der UN im Irak

Lesezeit: 2 min

Washington befürchtet, dass die Wahl einer Interimsregierung am Widerstand der Schiiten scheitern könnte. Deshalb bemühen sich die Amerikaner, die UN in die Verhandlungen einzubeziehen. Paris hat Bereitschaft signalisiert, nach einer Machtübergabe in Bagdad aktiv zu werden.

Von Stefan Kornelius und Gerd Kröncke

Bremer wolle gemeinsam mit dem derzeitigen Vorsitzenden des irakischen Regierungsrats, Adnan Padschadschi, bei Annan um ein stärkeres Engagement der Vereinten Nationen bitten, hieß es in Washington. Worin der UN-Beitrag bestehen soll, ist bisher aber unklar.

Washington wollte im Juli eine durch das irakische Volk in Regionalwahlen legitimierte Übergangsregierung einsetzen. 2005 sollte dann in landesweiten, freien Wahlen die endgültige Regierung bestimmt werden. Bei den UN hieß es, ein früherer Termin sei unrealistisch.

Aufruf zum Protest

Bis Juli hatten die USA Wahlen in 18 Regionen geplant. Die dabei ermittelten Delegierten sollten dann in Bagdad eine Übergangsregierung bestimmen.

Der Plan stößt seit einigen Tagen auf massiven Protest der schiitischen Mehrheit im Land, die ihren Einfluss nicht ausreichend gesichert sieht. In der schiitischen Hochburg Basra demonstrierten zehntausende Menschen gegen die Pläne und forderten sofort freie Wahlen. Hinter dem Protest steht der Schiitenführer Sistani, den die USA seit Monaten für ihre Pläne zu gewinnen versuchen.

Doch Sistani drohte am Freitag erneut mit Demonstrationen, Streiks und einer Fatwa, einer religiösen Verurteilung der von den USA geplanten Wahlen. "In den nächsten Tagen werdet Ihr Kundgebungen und Streiks erleben" sagte Sistanis Vertreter Abdel Mahdi el Karbalai in Kerbela. Vielleicht werde es sogar zu einer Konfrontation mit der Besatzungsmacht kommen.

In der amerikanischen Regierung wächst offenbar die Sorge, dass die Spannungen zwischen den Volksgruppen und vor allem der Druck der schiitischen Mehrheit zunehmen könnte. Die Regionalwahlen wären damit gefährdet. Von einer Beteiligung der Vereinten Nationen erhoffen sich die USA mehr Legitimität für ihren Plan. Die UN könnten die Wahlen organisieren, den Prozess überwachen und dafür bürgen, dass ein Jahr später landesweite Wahlen stattfinden.

Vereinten Nationen sind zurückhaltend geblieben

Bremer war zuletzt im November zu einem Blitzbesuch nach Washington gereist und hatte einen ersten Kurswechsel der USA, eine raschere Übergabe der Macht an das irakische Volk, eingeleitet. Allerdings sind die Vereinten Nationen und die Verbündeten bisher zurückhaltend geblieben. Sie werfen Amerika vor, die Kontrolle über den Demokratisierungsprozess nicht teilen zu wollen.

Um das gegenseitige Verhältnis wieder zu entspannen, war bereits am Donnerstag in Washington die französische Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie mit ihrem amerikanischen Kollegen Donald Rumsfeld zusammengetroffen. Danach hatte die Ministerin auch mit Condoleezza Rice, der nationalen Sicherheitsberaterin von Präsident George W. Bush, gesprochen.

In Frankreich wird der Besuch als ein Versuch gesehen, nach dem Zerwürfnis wegen des Irak-Kriegs eine neue Seite aufzuschlagen. "Es gibt den ernsthaften Willen, die Spannungen zwischen den USA und Frankreich zu überwinden", sagte die Ministerin nach ihrem Gespräch mit Rumsfeld. "Wir müssen den Weg des gegenseitigen Zuhörens im Geist der Freundschaft wiederfinden." Sie hält es für denkbar, dass Frankreich und Deutschland einem souveränen Irak bei der Ausbildung von Soldaten und Polizisten helfen könnten.

Paris prüft Engagement

In Paris hat sich unterdessen auch Außenminister Dominique de Villepin zu einem möglichen Engagement Frankreichs im Irak geäußert. Demzufolge prüft Paris derzeit die Frage eines Einsatzes, an den aber erst zu denken ist, sobald das Land wieder souverän ist. Man werde abwarten, "welche Anfragen die irakische Regierung im Bereich Sicherheit stellt". Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder schloss einen Einsatz deutscher Soldaten aus. Denkbar seien allenfalls humanitäre Hilfsleistungen.

Ein Engagement unter amerikanischem Befehl ist für Paris immer undenkbar gewesen. Erst mit einem Mandat des UN-Sicherheitsrats wären die Franzosen bereit, sich im Rahmen der Nato an einer Stabilisierungstruppe zu beteiligen. Dieses sind offenbar die Überlegungen von Staatspräsident Jacques Chirac, wie ein Berater des Elysée-Palastes der Zeitung Le Monde mitteilte. Selbst wenn die derzeitigen Alliierten im Lande blieben, wäre ein zweites, ein UN-Kontingent nicht ausgeschlossen.

Unterdessen machten sich ein Vorauskommando von 30 japanischen Soldaten auf den Weg, um die US-Truppen im Irak zu unterstützen.

© SZ vom 17.1.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: